Etwa 173.000 Menschen in Deutschland haben nach Schätzungen des Robert Koch-Institutes eine COVID-19-Erkrankung überstanden und gelten als „genesen“. Doch auch nach Abklingen der Infektion können die Lungenfunktion und körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sein. Daher benötigen einige „genesene“ Patienten auch nach der Akutphase der Erkrankung eine fachkundige Nachsorge und Rehabilitation durch erfahrene Pneumologen, betonen Experten der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP). In einer aktuellen Empfehlung zur pneumologischen Rehabilitation bei COVID-19 beschreibt die Fachgesellschaft die gesundheitlichen Folgen von COVID-19 und leitet daraus rehabilitative Maßnahmen für die Betroffenen ab.
Als genesen gilt laut Robert Koch-Institut, wer mindestens 48 Stunden keine Symptome wie Husten oder Fieber zeigt und bei dem im Abstand von 24 Stunden zwei Rachenabstrichtests negativ ausfallen. Zudem müssen die ersten Symptome mindestens zwei Wochen zurückliegen. Doch auch wenn ein Patient die Erkrankung nach diesen Kriterien überstanden hat, benötigt er möglicherweise weitergehende medizinische Versorgung in Form einer pneumologischen Rehabilitation. „CT-Bilder der Lungen von genesenen COVID-19-Patienten legen nahe, dass viele von ihnen nicht wirklich gesund sind, sondern als Folge der Infektion mehr oder weniger starke Lungenschäden aufweisen“, berichtet Prof. Dr. med. Andreas Rembert Koczulla, Chefarzt des Fachbereichs Pneumologie der Schön Klinik Berchtesgadener Land und Mitautor des Papiers. So sei davon auszugehen, dass auch nach Überwinden der Akutphase der Gasaustausch der Lunge langfristig beeinträchtigt sein kann. Dies könne auch Patienten betreffen, die im Krankenhaus nicht beatmet wurden.
In der pneumologischen Rehabilitation geht es zunächst darum, in Belastungstests herauszufinden, wie schwer die Lunge geschädigt und die Sauerstoffversorgung des Körpers beeinträchtigt ist. Je nach Schwere der COVID-19-Erkrankung und der Dauer der künstlichen Beatmung werden unterschiedliche Maßnahmen ergriffen. Diese können bei schweren Verläufen eher einer fortgesetzten Akutversorgung ähneln als einer klassischen Rehabilitation. „Wichtig ist, dass rehabilitationsbedürftige Patienten an eine geeignete, von Pneumologen geleitete Institution überwiesen werden, die den zu lösenden klinischen Fragestellungen gerecht werden kann“, erklärt Koczulla. Insgesamt verfüge Deutschland im Bereich der pneumologischen Rehabilitation über etwa 5.000 Plätze in stationären Einrichtungen. „Insbesondere Patienten, die bereits vor der COVID-19-Erkrankung an einer chronischen Lungenerkrankung gelitten haben, werden eine intensivere Nachsorge benötigen, die je nach vorliegendem Schweregrad eine besondere Expertise von der nachsorgenden Klinik erfordert“, erläutert Prof. Dr. med. Michael Pfeifer, Präsident der DGP.
„Noch haben wir Zeit, um uns auf diese neue Herausforderung strukturell vorzubereiten“, betont Pfeifer, Universität Regensburg, Chefarzt an der Klinik Donaustauf und Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg. Die Rehabilitation von COVID-19-Patienten wird bei vielen Patienten überwiegend stationär ablaufen – zum einen aufgrund fehlender ambulanter Einrichtungen und zum anderen aufgrund der erforderlichen, permanenten internistisch-pneumologischen Überwachung der Patienten bedingt durch die Komplexität der Krankheitsfolgen. Aber auch die stationäre Rehabilitation gelingt derzeit nur eingeschränkt. So können nur sehr wenige Patienten betreut werden, weil ihre Versorgung viel Pflegepersonal bindet und hohen hygienischen Anforderungen unterliegt. „Um ein qualitativ hochwertiges Therapieangebot sicherzustellen, das durch die Einschränkungen der vergangenen Monate erheblich gefährdet ist, muss dieser höhere Aufwand zwingend in den Pflegesätzen abgebildet werden“, so der DGP-Präsident. „Das ist notwendig, um schon jetzt die Weichen für die Nachsorge von COVID-19-Patienten zu stellen“, sind sich die Experten einig.
Die DGP erhebt aktuell Daten zur Versorgungskapazität von pneumologischen Reha-Einrichtungen. Mit einem Fragebogen wird dazu die apparative und personelle Expertise von stationären Kliniken erfragt. So können Patienten in der Zukunft gezielt und problemgerecht einer Einrichtung zugewiesen werden.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)