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Intelligenter Lungenultraschall bei COVID-19

Eine neuartige Software (POCUS4Covid19) soll es Ärzten erleichtern, den Verlauf einer Covid-19-Erkrankung zu überwachen. Dafür wertet die Software festgelegte Indikatoren auf Ultraschallbildern der Lunge maschinell aus und erlaubt so eine einfache Beurteilung.

Mit Beginn der Corona-Pandemie wurde schnell der Ruf nach verlässlichen Diagnose-Tools für Ambulanz, Intensivstation und andere klinische Settings laut. Neben CT und Röntgen hat sich der Thorax-Ultraschall als geeignetes Instrument erwiesen, um eine virale Lungeninfektion ausgelöst durch SARS-CoV-2 zu diagnostizieren. Der Thorax-Ultraschall ist frei von Strahlung, beliebig oft wiederholbar und flexibel am Krankenbett einsetzbar – und daher vor allem als Point-of Care-Ultraschall (POCUS) interessant. In der Regel kommt nur der Schallkopf mit dem Patienten in Berührung, so dass sich das verwendete Gerät einfach desinfizieren lässt.

Der herkömmliche Ultraschall (U/S) beruht auf der rein visuellen Analyse eines aktuell dargestellten Bildes durch den Arzt. Beim Lungenultraschall gibt es klar erkennbare Muster, die für eine virale Lungenentzündung (Viruspneumonie) sprechen. Veränderungen in den Bilddaten erlauben es dem Arzt, den Krankheitsverlauf zu beurteilen. Allerdings sind U/S-Bilddaten der Lunge nicht ganz einfach zu beurteilen, und nicht jeder Untersucher ist speziell für den Lungenultraschall ausgebildet. Gerade in der Pandemie-Situation ist jedoch eine rasche und eindeutige Bewertung der U/S-Bilddaten unerlässlich.

Hier setzt eine neuartige Software (POCUS4Covid19), die gemeinsam an zwei Fraunhofer-Instituten entwickelt wurde, an: Mittels quantitativer, computergestützter Bildanalyse werden objektive Parameter aus den U/S-Bilddaten abgeleitet, interpretierbar und für die Beurteilung des Therapieverlaufs nutzbar gemacht. Die Softwarelösung bringt direkte Vorteile in der akuten Behandlung der Patienten. Die Auswertung der im Therapieverlauf erhobenen U/S-Bilddaten ermöglicht es zudem, aus der ersten Ansteckungswelle zu lernen und so bestmöglich auf eventuell folgende Infektionswellen vorbereitet zu sein.

Dafür entwickelt das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) eine Software weiter, die bereits vorhandene Scan-Line-Algorithmen für U/S-Bilddaten spezifiziert und so eine automatische Erkennung charakteristischer Indikatoren für COVID-19 ermöglicht. Beispielsweise sollen sogenannte B-Linien ausgewertet werden, welche die interstitiellen Wassereinlagerungen bei einer Viruspneumonie widerspiegeln. Konkretes Ziel ist es, diese B-Linien automatisiert in den Bilddaten zu erkennen und in ihrer Ausprägung zu quantifizieren. Weitere charakteristische Indikatoren wurden von der DEGUM in einem COVID19-Protokoll festgehalten, sie dienen als Basis für zukünftige Updates der POCUS4Covid19-Software.

Gleichzeitig soll der Zugriff auf die dabei erhobenen klinischen U/S-Bilddaten in einfacher Weise ermöglicht und standardisiert werden. Die Bilddaten lagern typischerweise auf den Ultraschallgeräten selbst. Das Fraunhofer IGD versieht dafür die eigene Software mit einer Schnittstelle, so dass Akteure über den Medical Data Space (MeDS) auf diese U/S-Bilddaten zugreifen können. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) entwickelt einen Connector, damit die POCUS-Software an den MeDS angebunden werden kann. Diese Schnittstelle wird für zwei Typen von U/S-Bilddaten ausgelegt: „still images“ (U/S-Einzelbilder) und „cine images“ (U/S-Videostreams). Der Medical Data Space bietet eine vertrauenswürdige Infrastruktur für den sicheren Austausch von Gesundheitsdaten zwischen verschiedenen Akteuren wie Patient, Arzt, Klinik, Dienstleister, Hersteller. Die Verwendung der Daten kann nutzerfreundlich, transparent und datenschutzkonform gesteuert werden. Moderne Algorithmen helfen bei der zielgerichteten Nutzung der Daten.

Die computerunterstützte Analyse von U/S-Bilddaten für die Covid19-Diagnose und -Therapie führt bislang noch ein Schattendasein. Einerseits sind U/S-Bilddaten nicht so strukturiert abgelegt und zugreifbar wie CT-Bilddaten mit ihren PACS-Servern. Andererseits gibt es speziell für die Lungen-Analyse bisher keine automatisierten Algorithmen. Beide Punkte werden in diesem Projekt adressiert. Im Rahmen der „Fraunhofer Solution Days“ gibt ein gemeinsamer Vortrag Einblick darüber, wie der Medical Dataspace zur sicheren und datenschutz-konformen Übertragung für Bilddaten verwendet werden kann – am Beispiel der Point-of-Care-Ultraschalldiagnose von COVID19-Erkrankungen.

Die maschinelle Auswertung von Ultraschallbildern ist eine Kernkompetenz des Fraunhofer IGD. Bereits seit Anfang der 2000er Jahre entwickelt das Institut neue Anwendungen für die Ultraschallsonographie, beispielsweise State-of-the-Art-Methoden für die automatisierte Verarbeitung, Analyse und Integration von medizinischen Bilddaten. Damit lassen sich eine Vielzahl essentieller, klinisch relevanter Informationen extrahieren und die Bilddaten entlang der Behandlungskette bestmöglich nutzen.

Die Abteilung „Interaktive Analyse und Diagnose“ (IAD) beim Fraunhofer IOSB entwickelt Assistenzsysteme und intelligente, interaktive Umgebungen. Die verwendete Design-Methode Privacy by Design sorgt dafür, dass bei der Entwicklung neuer Technologien Datenschutzgesetze lückenlos berücksichtigt werden.

Quelle: Fraunhofer Institut