Lungenärzte im Netz

Ihre Experten für gesunde Atemwege

Herausgeber:

Unstatistik des Monats März 2018: Anzahl Tote durch Diesel-Stickstoffdioxid

Eine Studie des Umweltbundesamtes will herausgefunden haben, dass 5996 Bundesbürger wegen einer Belastung mit Stickoxiden (NOx) vorzeitig an Herz-Kreislauf-Krankheiten verstorben seien. Dabei gibt es keinerlei Nachweise, dass NOx zum Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer und der Vizepräsident des RWI (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung), Thomas K. Bauer, jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen:

„Die Unstatistik März 2018 sind die 6000 angeblichen „Stickstofftoten“ im Jahr 2014 in Deutschland. Eine Studie, die im Auftrag des Umweltbundesamtes am 8.3.2018 erstellt wurde (siehe https://www.umweltbundesamt.de/no2-krankheitslasten), will herausgefunden haben, dass 5996 Bundesbürger an Herz-Kreislauf-Krankheiten vorzeitig verstorben seien, die sie sich durch Stickstoffdioxid (NO2) zugezogen hätten. Die methodischen und konzeptionellen Mängel dieser Studie wurden schon an anderer Stelle kritisiert - unter anderem bei „Spiegel online“ (siehe http://www.spiegel.de/politik/deutschland/dieselgate-2-die-erfundenen-toten-a-1198225.html) und welt.de (siehe https://www.welt.de/wirtschaft/article174334804/Diesel-Woran-es-Studien-ueber-die-toedlichen-Folgen-mangelt.html).

Die Zahl 6000 ist das Produkt einer reinen Modellrechnung; es gibt zwar die Vermutung, aber keinen Nachweis, dass NOx zum Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt. Kaum ein Arzt hat bisher die NOx-Belastung als Todesursache angegeben.

Die Stickstoff-Debatte läuft einseitig und mit Gedächtnisverlust: Früher haben wir uns um CO2 und das Ozonloch gesorgt und deswegen den Diesel gepriesen; heute sorgen wir uns um NOx und preisen das Elektroauto. Dabei übersehen wir, dass jede Technik Vor- und Nachteile hat. Ein Elektroauto mit 250 km Reichweite verursacht in Deutschland derzeit weit mehr Treibhausgasemissionen als ein Diesel, vor allem wegen der Strombereitstellung und des Energieaufwands für die Produktion (in Frankreich ist das wegen des Atomstroms anders, aber dieser ist in Deutschland mehrheitlich unerwünscht). Auch ohne Elektroautos schätzt das Umweltbundesamt, dass die NOx Emission der herkömmlichen Kraftfahrzeuge bis 2030 um 56 Prozent niedriger sein wird als im Jahr 2014 und die Feinstaub-Emission sogar um 82 Prozent niedriger – alleine durch die Verbreitung der Euro-6 Norm und Partikelfilter. Sollte es 2030 sechs Millionen Elektrofahrzeuge geben, wie im Nationalen Entwicklungsplan angestrebt, dann fällt dies vergleichsweise wenig ins Gewicht, mit einer zusätzlichen Abnahme von 12 und 4 Prozentpunkten bei NOx und Feinstaub.

Belastungen durch Feinstaub und NOx sind vergleichsweise gering

Am Ende ist es hilfreich, sich die Risiken vergleichend anzusehen. Die Feinstaub-Produktion von drei Zigaretten ist zehnmal so hoch wie jene, die am Auspuff eines alten Ford Mondeo Euro-3 Diesel eine halbe Stunde lang gemessen wurde. Ein Adventskranz mit vier brennenden Kerzen kann bereits die Grenzwerte für NOx überschreiten.

Weiterhin sei betont, dass die Zahl der durch ein Risiko gleich welcher Art verstorbenen Menschen selbst bei korrekter Berechnung nur ein sehr irreführender Indikator für die Gesundheitsgefahren ist, die von dieser Risikoquelle ausgehen. Denn diese Zahl kann selbst dann zunehmen, wenn die Gefahr selber abnimmt – ganz einfach dadurch, dass andere Risiken ausfallen. Mit diesem Argument hatten wir bereits die 13 Millionen Umwelttoten der Weltgesundheitsorganisation zur Unstatistik Dezember 2017 (siehe http://www.rwi-essen.de/unstatistik/74/) gekürt.

Die großen Killer heutzutage sind Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel und ungesundes Essen. Die von Umweltschützern immer wieder betonten Gefahren durch Feinstaub oder Pflanzengifte sind dagegen in Deutschland relativ klein. In dieser Debatte gibt es nur zwei Fakten, die von niemandem zu bestreiten sind: Die Belastung durch Umweltschadstoffe einschließlich Stickstoffdioxid nimmt in Deutschland seit Jahrzehnten ab und die Deutschen leben im Durchschnitt immer länger. Diese Erfolge sollten wir würdigen, statt uns durch Schreckensnachrichten und Panikmache verunsichern zu lassen.“

Quelle: Pressemitteilung des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung vom 28.3.18