Für viele Menschen mit Lungenversagen ist eine Organtransplantation die letzte Hoffnung. Doch die Zahl der verfügbaren Spenderlungen ist knapp: Jedes Jahr kommen mehr Betroffene neu auf die Warteliste, als Spenderorgane vorhanden sind. Das neue Transplantationsgesetz ist ein wichtiger erster Schritt, um dieses Problem zu beheben, so die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Um die Versorgung schwerstkranker Lungenpatienten deutlich zu verbessern, wäre jedoch eine Widerspruchslösung für die Organspende wünschenswert.
Mit einem neuen Gesetz zur Änderung des seit 1997 bestehenden Transplantationsgesetzes will die Bundesregierung die Transplantationsbeauftragen an deutschen Kliniken stärken. Diese sorgen dafür, dass ein verstorbener Organspender bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation – das ist die deutschlandweite Koordinierungsstelle für Spenderorgane – gemeldet wird. Die Entnahme der Spenderorgane und die Anmeldung sind für die Kliniken jedoch mit Arbeit und Kosten verbunden. Mit dem neuen Gesetz sollen die Kliniken deshalb eine angemessene Vergütung erhalten, wenn sie Organe entnehmen. Die Transplantationsbeauftragten sollen aber auch mehr Zeit bekommen, etwa um aufklärende Gespräche mit Angehörigen zu führen und ihre Zustimmung einzuholen, wenn ein Organspendeausweis nicht vorliegt.
„Das neue Transplantationsgesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, bertont Prof. Dr. med. Jürgen Behr, Kongresspräsident des 60. Jahreskongresses der DGP, der dieses Jahr in München stattfindet. „Ob es ausreicht, um die Versorgung schwerstkranker Lungenpatienten zu verbessern, ist fraglich.“ Jedes Jahr erhalten über 300 Menschen in Deutschland eine oder zwei Spenderlungen. Gleichzeitig werden pro Jahr mehr als 400 Patienten neu für eine Transplantation angemeldet. „Die Lungentransplantation ist ein komplexes Therapieverfahren mit erheblichen Risiken, weshalb nur Patienten mit fortgeschrittenen Lungenerkrankungen für diese Behandlung in Betracht kommen wenn alle anderen Therapieoptionen ausgeschöpft sind“, erklärt Behr, der die Medizinische Klinik und Poliklinik V am Klinikum der Universität München und die Asklepios Lungenfachklinik München-Gauting leitet. Um auf die Warteliste zu gelangen, müssten die Betroffenen noch viele weitere Kriterien erfüllen. So müssen sie ein ausreichendes Erholungspotential aufweisen, dürfen keine Krebserkrankungen haben und nicht rauchen. Wie lange es dauert, bis einem Patienten eine Spenderlunge angeboten wird, hängt von vielen Faktoren ab: Größe und Blutgruppe gehören zu den Basiskriterien. Zusätzlich berechnet der sogenannte Lungen-Allokations-Score, wie dringend jemand eine Transplantation braucht und wie hoch die Erfolgsaussichten sind. Für manche wird nach wenigen Tagen schon ein passender Spender gefunden, andere warten bis zu drei Jahren. „Wenn man bedenkt, dass viele dieser Patienten nicht mehr selbstständig atmen können, sind die Wartezeiten immer noch sehr, sehr lang“, gibt der Kongresspräsident zu bedenken.
Um dies zu ändern hat der Bundesgesundheitsminister bereits eine Widerspruchslösung vorgeschlagen. „Überall dort, wo Organspende auf der gesetzlichen Grundlage der sogenannten Widerspruchslösung geregelt ist, sind die Organspenderzahlen deutlich höher als in Ländern mit Zustimmungs- oder Entscheidungslösung“, berichtet Behr. Befürworter der Widerspruchslösung gehen davon aus, dass sich Menschen in Deutschland durch die Gesetzesänderung in einem höheren Maße als bisher mit Fragen der Organspende auseinandersetzen und in der Folge die Spende-Raten ansteigen würden.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)