Das Risiko sich in geschlossenen Räumen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 anzustecken ist hoch. Verschiedene Studien zeigen, dass die Virenbelastung insbesondere durch Aerosole hervorgerufen wird, die beim Ausatmen entstehen, sich im Raum ausbreiten und dort längere Zeit zirkulieren. Um das Infektionsrisiko zu senken, müssen diese Aerosole schnellstmöglich aus der Raumluft herausgefiltert werden. Für die Bewertung entsprechender Maßnahmen sind geeignete Untersuchungsmethoden erforderlich, die sowohl konkrete Situationen erfassen und abbilden können, als auch einen Einblick in ihre Wirkungsweise bieten. Daraus können allgemeine Vorgehensweisen abgeleitet werden.
Um eine Grundlage für die Bewertung von Lüftungsmaßnahmen zu erzeugen, untersuchten Wissenschaftler der HSRM in einem ersten Schritt einen Raum, bei dem auf die Lüftung gänzlich verzichtet wurde. In diesem Raum wurde eine Person platziert, die Aerosole ausatmet. Die Raumluft wurde mit einer Temperatur von 20°C angenommen, die Temperatur der Person im Raum mit 36°C und die ausgeatmete Luft ebenfalls mit 36°C.
„Durch die Körpertemperatur der Person bildet sich über ihr eine leichte Konvektionsströmung in Richtung der Decke. Es zeigt sich, dass die Aerosole von dieser Konvektionsströmung beeinflusst werden und sich im Raum chaotisch ausbreiten. Während die größeren ausgeatmeten Tröpfchen schnell zu Boden sinken, verbleiben die kleinen und leichten Tröpfchen eine lange Zeit in der Raumluft, ohne sich an einer Oberfläche anzulagern“, erklärt Prof. Dr. Eißler. Dies stelle die mittlerweile bekannte Gefahr der Virenbelastung in geschlossenen Räumen dar.
Als Abhilfe gegen die Aerosolbelastung werden insbesondere zwei Maßnahmen diskutiert und umgesetzt: (a) das Lüften der Räume über vorhandene Fenster und (b) das Filtern der Raumluft mit geeigneten Geräten. Die Maßnahme (a) ist preiswert, gerade in den Wintermonaten jedoch mit einer Temperaturbelastung für die anwesenden Personen verbunden. Die Maßnahme (b) hängt von der Eignung und Verfügbarkeit geeigneter Geräte ab und ist vergleichsweise teuer sowie wartungsintensiv.
Für eine weitere Simulation wurde die Lüftung mit einem gekippten Fenster und einer geöffneten Tür auf gegenüberliegenden Raumseiten untersucht. Zwischen dem Raum und der Umgebung hinter dem geöffneten Fenster wurde ein Druckunterschied von 0,2 mbar angenommen. Hier zeigt sich die Wirkung der Lüftung im Unterschied zum geschlossenen Raum. Die Aerosole werden durch die Strömung der Fensterlüftung mitgeführt und durch die Tür nach außen transportiert. Dies ist mit einer entsprechenden Absenkung der Raumlufttemperatur verbunden.
In einer dritten Untersuchung wurde der Raum bei geschlossenem Fenster durch einen konventionellen Lüfter, wie er in Räumen ohne Fenster oder in Küchen zum Einsatz kommt, entlüftet. Erneut wurde für die Simulation eine geöffnete Tür angenommen. „Hier zeigt sich, dass sich durch die Entlüftung des Raumes eine Konvektionsströmung einstellt, die nach kurzer Zeit die leichten Aerosole mitführt und durch den Lüfter aus dem Raum befördert. Die schweren Aerosole fallen zu Boden und bleiben dort liegen. Variationen der Lüfterpositionen zeigen, dass die Wirkung grundsätzlich gegeben ist, jedoch unterschiedlich effizient ist. Gegenüber dem Lüften mit gekipptem Fenster, ist die Absaugung durch einen Lüfter jedoch zu präferieren“, so Prof. Dr. Eißler.
Auf Basis des erstellten Simulationsmodells wurde eine Beurteilungsmöglichkeit geschaffen, mit der die HSRM die Ausbreitung von Aerosolen in Räumen weiter untersuchen und bewerten wird. Auch für komplexere und größere Räume mit einer größeren Anzahl an Personen sollen Untersuchungen durchgeführt werden. Ebenso ist es möglich, die Wirkung von Filtergeräten und deren geeignete Positionierung zu untersuchen.
Quelle: Hochschule RheinMain
Foto: © Hochschule RheinMain