Seltene Lungenerkrankungen wie Lungenfibrose, Mukoviszidose und Lungenhochdruck betreffen laut EU-Definition weniger als fünf von 10.000 Menschen. Trotz ihrer Seltenheit haben sie sich innerhalb der Pneumologie in den letzten Jahren zu einem Wegbereiter für die Entwicklung neuer molekularer Therapien entpuppt, deren Methodik künftig auch bei anderen, häufigeren Krankheiten zum Einsatz kommen dürfte. Zum Beispiel wurden inzwischen zur Behandlung von Lungenfibrose bereits zwei wirksame, moderne Therapien zugelassen; weitere sind in der Entwicklung. „Das hätte man wegen des kleinen Indikationsgebietes noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten. Damals ging man noch davon aus, dass die Pharmaindustrie nur an den großen Block-Buster-Therapien interessiert wäre“, kommentiert Prof. Thomas O.F. Wagner, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Lungenstiftung und Leiter des Frankfurter Referenzzentrums für Seltene Erkrankungen (FRZSE) des Universitätsklinikums Frankfurt am Main. Nicht immer ist die Pharmaindustrie der Wegbereiter: Im Fall von Mukoviszidose wurde die Entwicklung neuer Therapieprinzipien und Substanzen vor allem von den betroffenen Patienten und ihrer Selbsthilfe-Organisation initiiert und vorangetrieben. „Alle neuen Therapien für Mukoviszidose der letzten Jahre sind mit Hilfe oder auf Initiative durch die Patientenorganisation bis zur Zulassung gebracht worden“, bestätigt Prof. Wagner. Weitere Substanzen zur Behandlung der immer noch tödlichen Erbkrankheit sind in der Erprobung. Auch für Lungenhochdruck gibt es mittlerweile eine erstaunlich große Zahl an neuen und gut wirksamen Behandlungsmöglichkeiten – unter anderem ein neuartiger Wirkstoff gegen zwei Formen von Lungenhochdruck, der bereits in 50 Ländern zugelassen ist und vor kurzem mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet wurde.
Die organisierte Selbsthilfe von Patienten hat das Forschungsgebiet enorm beflügelt
Die Zahl der Zulassungen für Medikamente zur Behandlung von Seltenen Lungenerkrankungen gemäß der Orphan-Drug Regulations der Europäischen Zulassungsbehörde steigt weiter an. „Dabei stellen diese Medikamente nur die Spitze des Eisbergs dar, zumal die erzielten Therapiefortschritte auch die Aufmerksamkeit von Pharmafirmen und Politikern geweckt haben. Da Pharma-Unternehmen die Substanzen mittlerweile ökonomisch interessant finden, macht es aus ihrer Perspektive auch Sinn, nach immer weiteren neuen und besseren Stoffen zu suchen - die Grundlagenforschung eröffnet also wieder Perspektiven“, berichtet Prof. Wagner. „Auch die Politik in Europa und in Deutschland hat diese Entwicklung wirksam unterstützt. Außerdem haben die Selbsthilfeorganisationen betroffener Patienten begriffen, dass sie selbst das größte Interesse an klinischen Studien haben sollten. Das hat dieses Forschungsgebiet unglaublich gefördert, denn nur bei einer ausreichend großen Zahl an geeigneten Patienten für klinische Studien ist klinischer Fortschritt möglich. So erwarten wir in den nächsten Jahren gerade auf dem Gebiet der Seltenen Erkrankungen sehr interessante Neuentwicklungen“, betont Prof. Wagner.
Quelle: äin-red
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