Viele Patienten mit der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung COPD leiden gleichzeitig unter Herz-Gefäß-Erkrankungen und könnten insofern von einer Behandlung mit Betablockern profitieren. Bisher galt die Behandlung von COPD-Patienten (wie auch von Asthmatikern) mit Betablockern allerdings als kritisch. Jetzt kommt eine aktuelle Studie zu dem Ergebnis, dass die Therapie mit Betablockern auch bei Patienten mit schwerer COPD, die wegen ihrer starken Atemwegsverengung bereits auf eine tägliche Sauerstoff-Behandlung angewiesen sind, sicher und zugleich von Vorteil ist, zumal sich dadurch auch die Häufigkeit von Verschlechterungsschüben (Exazerbationen) bei den Patienten reduzieren lässt (siehe Thorax, Online-Veröffentlichung am 17.8.2015). Darauf weist der Verband Pneumologischer Kliniken (VPK) hin: Unter rund dreieinhalbtausend Studienteilnehmern mit schwerer bis sehr schwerer COPD erlitten die Anwender von Betablockern sowohl deutlich seltener als auch weniger schwere Exazerbationen im Vergleich zur Kontrollgruppe, die keine Betablocker bekam. „Exazerbationen schüren die systemischen Entzündungsprozesse bei COPD, die bei den Patienten zu einer weiteren, nicht mehr umkehrbaren Verschlechterung der Lungenfunktion führen, aber auch dem Herz erheblich schaden können. Lassen sie sich hingegen vermeiden, verbessert dies die Prognose der Patienten erheblich“, erklärt Dr. med. Thomas Voshaar, Vorstandsvorsitzender des VPK und Chefarzt des Lungenzentrums am Krankenhaus Bethanien Moers.
Wieso Betablocker bei COPD bisher als kontraindiziert galten
Betablocker verhindern die Wirkung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin, indem sie die sog. beta-Rezeptoren blockieren, von denen es zwei verschiedene Rezeptortypen gibt: Über beta-1-Rezeptoren werden vor allem die Herzleistung (Herzkraft und -frequenz) und direkt der Blutdruck angeregt, über beta-2-Rezeptoren hingegen die glatte Muskulatur der Bronchien, der Gebärmutter und der Blutgefäße. Selektive beta-1-Blocker senken die Herzfrequenz und den Blutdruck und werden daher insbesondere zur Therapie von Bluthochdruck und Koronarer Herzkrankheit, aber auch von Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen erfolgreich eingesetzt. Nicht-selektive Betablocker (die neben den beta-1- auch die beta-2-Rezeptoren hemmen) können theoretisch auch eine Verkrampfung der Bronchialmuskulatur verursachen, was bei Patienten mit chronischen Atembeschwerden (wie Husten und Atemnot) fatal wäre. Aus diesem Grunde stellten obstruktive Bronchialerkrankungen wie COPD und auch Asthma bisher Kontraindikationen für eine Therapie mit beta-2-wirksamen Betablockern dar.
Bessere Prognose fürs Herz und weniger Verschlechterungen der Lungenerkrankung
Der aktuellen Studie zufolge wird bei COPD-Patienten durch die Therapie mit Betablockern neben einer verbesserten Prognose für das Herz auch eine verringerte Exazerbationsrate erzielt. „Unterm Strich überwiegen diese beiden Vorteile der Therapie die Nachteile einer möglichen Bronchienverkrampfung deutlich“, betont Dr. Voshaar. „Es ist durchaus möglich, dass manche Exazerbationen bei COPD-Patienten eine rein kardiovaskuläre Ursache haben, die sich deshalb mit Betablockern besser in den Griff bekommen lassen als ohne. Betablocker scheinen langfristig aber auch noch einen zusätzlichen positiven Effekt auf die Atemwege zu haben: Wenn sie dauerhaft und über längere Zeit eingenommen werden, rüstet die Lunge - quasi zum Ausgleich der ständigen beta-Rezeptoren-Blockade – auf und bildet eine größere Dichte an beta-2-Rezeptoren. „In der Folge entwickelt sich eine größere Empfindlichkeit für eine Anregung der beta-2-Rezeptoren in der Lunge, so dass trotz der Einnahme von Betablockern das Risiko einer Bronchienverkrampfung sinkt“, erläutert Dr. Voshaar.
Quelle: äin-red
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