Sauerstoffmangel (Hypoxämie) kann bekanntlich zu Bewusstlosigkeit, Kreislaufstillstand und vielfältigen körperlichen Schäden führen. Die Gabe von Sauerstoff kann in solchen Fällen lebensrettend sein, deshalb werden viele Patienten im Krankenhaus großzügig mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt. Allerdings kann auch ein Zuviel an Sauerstoff die Sterblichkeit der Patienten erhöhen. Davor warnen die Lungenärzte des Verbands Pneumologischer Kliniken (VPK) unter Berufung auf eine aktuelle Metastudie mit über 16.000 Patienten, die wegen einer akuten Erkrankung (wie z.B. Blutvergiftung, Herzstillstand, schweren Verletzungen oder Not-OP) im Krankenhaus behandelt werden mussten (siehe The Lancet, Online-Veröffentlichung am 28.4.2018). 50 bis 84 Prozent der Betroffenen, die entweder über eine Nasenbrille oder nicht-invasiv über eine Atemmaske oder invasiv über einen in die Luftröhre integrierten Beatmungsschlauch beatmet wurden, erhielten eine zu hohe Konzentration an Sauerstoff. „Durch die Sauerstoffüberversorgung (Hyperoxämie) erhöhte sich ihr Sterblichkeitsrisiko im Krankenhaus um 21 Prozent und 30 Tage nach der Entlassung aus der Klinik um 14 Prozent, ohne dass sich andere gesundheitliche Aspekte deutlich verbessert hätten“, berichtet Dr. med. Thomas Voshaar, Vorstandsvorsitzender des Verbands Pneumologischer Kliniken (VPK) und Chefarzt des Lungenzentrums am Krankenhaus Bethanien in Moers.
Sauerstoff nur bei tatsächlicher Sauerstoffunterversorgung geben
Zu viel Sauerstoff ist toxisch und kann in Lunge, Herz-Kreislauf- und Nervensystem zu Entzündungen, oxidativem Stress und einer Verengung der Blutgefäße führen. Bei Sauerstoffzufuhr trotz ausreichender Sauerstoffsättigung erhöht sich daher das Risiko für Lungenversagen, Herzinfarkte, Herzrhythmusstörungen und Organversagen. „Nach Angaben der Studienautoren kann sich eine zusätzliche Sauerstoffgabe bereits schädlich auswirken, wenn die Sauerstoffsättigung im Blut vor der Gabe bei 94 bis 96 Prozent liegt. Mit zunehmender Sauerstoffsättigung im Blut steigt das Sterberisiko der Patienten stetig an. Trotzdem betrachten einige Ärzte die Gabe von Sauerstoff als potentiell hilfreiche und harmlose Therapie – und zwar unabhängig davon, ob beim Patienten tatsächlich eine Unterversorgung mit Sauerstoff vorliegt oder nicht“, erläutert Dr. Voshaar.
Unbedingt überprüfen, welche Sauerstoffsättigung beim Patienten vorliegt
Von einem Sauerstoffmangel spricht man, wenn die Sauerstoffsättigung im kapillaren Blut bei unter 90 Prozent liegt. Demgegenüber wird der Bereich, in dem die optimale Sauerstoffsättigung liegen sollte, von verschiedenen Fachgesellschaften bisher uneinheitlich definiert. Weitere Studien sind notwendig, um einen optimalen Bereich der Sauerstoffsättigung zu finden, bei dem der Nutzen einer zusätzlichen Sauerstoffversorgung maximiert und mögliche Schäden minimiert werden. „Da eine Sauerstoffüberversorgung aber lebensbedrohlich sein kann, empfehlen wir Lungenärzte vom VPK, vor einer Sauerstoffgabe unbedingt zu überprüfen, welche Sauerstoffsättigung aktuell beim Patienten vorliegt“, betont Dr. Voshaar. Schließlich kann die arterielle Sauerstoffsättigung ganz einfach und nicht-invasiv mit einem Pulsoximeter gemessen werden – das ist ein Lichtsensor, der wie ein Clip am Finger des Patienten befestigt wird und dann anhand der Lichtabsorption beim Durchleuchten der Haut die Sauerstoffsättigung im kapillären Blut ermittelt. Bei Lungenpatienten sollten zudem auch der Kohlendioxidgehalt und der PH-Wert des Blutes bestimmt werden, um eine Atemmuskelschwäche oder akute Verschlechterung (sog. Exazerbation) möglichst frühzeitig zu erkennen.
Quelle: äin-red
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