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Auch eine Erbkrankheit kann COPD verursachen

Nicht immer sind Luftschadstoffe wie Tabakrauch Ursache einer COPD. Auch eine Erbkrankheit kann dahinter stecken, die sich aber durch einen einfachen Bluttest erkennen und mit einer Ersatztherapie gut behandeln lässt. Darauf weisen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Berlin hin.

Ursache einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) ist nicht immer das Rauchen: Auch ein angeborener Gendefekt – der so genannte Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (abgekürzt: Alpha-1 oder AATM) – kann sich dahinter verbergen. Darauf machen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Berlin aufmerksam. „Alpha-1 kann zu einem schweren und bereits in jüngeren Jahren auftretenden Lungenemphysem führen“, warnt Prof. Dr. Klaus F. Rabe, Präsident der DGP und Ärztlicher Direktor der LungenClinic Grosshansdorf. „Viele der Betroffenen entwickeln bereits zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr Symptome wie dauerhaften Husten, Auswurf und Atemnot bei körperlicher Belastung. Zusätzliches Zigarettenrauchen beschleunigt die Entwicklung des Emphysems erheblich. Die COPD entwickelt sich dann oft 10-20 Jahre früher.“

Der Gendefekt ist ein Wikingererbe

Die Erbkrankhit alpha-1 beruht auf einem angeborenen Mangel an einem bestimmten Eiweißstoff – ein Enzym namens Alpha-1-Antitrypsin, das normalerweise ein anderes, für die Immunabwehr zuständiges Enzym (namens Leukozytenelastase) hemmt. „Fehlt der Hemmstoff Alpha-1-Antitrypsin, kann dieses Enzym - die Elastase - verstärkt bestimmte Proteine abbauen und greift dann nicht mehr nur Bakterien und andere Fremdkörper an, die ins Atemwegsystem eingedrungen sind, sondern auch elastisches Gewebe, wie z.B. die Wand der Lungenbläschen. Diese verlieren dadurch ihre Elastizität und sacken bei jedem Ausatmen in sich zusammen. Aber auch die kleinen Bronchialäste und die Lungengefäße nehmen Schaden. Bei schwerem Alpha-1 wird das Lungengewebe durch die ungehemmt agierende Elastase zunehmend zerstört. So entwickelt sich – auch ohne Zigarettenrauchen - das Krankheitsbild einer COPD“, erläutert Prof. Rabe. Alpha-1 stellt eine der häufigsten Erbkrankheiten in Nord- und Mitteleuropa dar. Insbesondere Skandinavier sind betroffen, denn offenbar handelt es sich bei dem Gendefekt um ein Wikingererbe. Wie eine Studie aufgezeigt hat, verlieh die Veränderung im alpha-1-Gen den direkten Vorfahren der Skandinavier, also den Wikingern, eine verstärkte Immunabwehrkraft gegenüber Parasiten und verschaffte ihnen damit einen Überlebensvorteil, so dass die Mutation weiter vererbt wurde, auch wenn sie heutzutage von Nachteil ist.

Krankheitsursache bleibt oft lange unerkannt

Das Fatale ist, dass einige Menschen Träger des Gendefekts sind, ohne dies zu wissen. Die Erbkrankheit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel tritt (in Folge ihres autosomal-rezessiven Erbganges) nur dann voll in Erscheinung, wenn das defekte Gen in doppelter Ausführung vorliegt – also von beiden Elternteilen (homozygot) vererbt worden ist. Dann kommt es bereits im frühen Alter zu einer Zerstörung der Lungenbläschen und einem Lungenemphysem (COPD). Hat der Betroffene demgegenüber den Gendefekt nur in einfacher Ausführung geerbt, merkt er meist lange Zeit nichts davon. „Wir Lungenärzte empfehlen vor allem COPD-Patienten, sich einmal im Leben auf Alpha-1 testen zu lassen“, betont Prof. Rabe. Erste Hinweise auf den genetisch bedingten Mangel gibt bereits ein einfacher Bluttest beim Hausarzt: Liegt die Konzentration des Alpha-1-Antitrypsins im Blutserum unterhalb eines bestimmten Grenzwertes, ist dies ein deutliches Indiz für einen Mangel. Die genaue genetische Bestimmung des Ausmaßes des Mangels kann der Arzt dann beim Deutschen Alpha-1-Antitrypsinzentrum an der Universität Marburg veranlassen. Alpha-1-Patienten können zusätzlich zu ihrer symptomatischen Behandlung eine so genannte Ersatztherapie erhalten, bei der das fehlende Protein dem Körper über eine wöchentliche Infusion zugeführt wird. Dadurch kann das Fortschreiten der Schäden gebremst werden und die Lebensqualität der Patienten bleibt länger erhalten.

Betroffene haben auch ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko

Da Träger des Gendefektes weniger Alpha-1-Antitrypsin als normal bilden, können sie – falls sie rauchen - die Schadstoffe aus dem Tabakrauch noch schlechter abwehren als Gesunde. „Betroffene sind daher gegenüber den Krebs erregenden Inhaltsstoffen des Tabaks besonders empfindlich, haben ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko und sollten insofern unbedingt auf das Rauchen verzichten und auch Passivrauch möglichst meiden“, rät Prof. Rabe. Falls die Erbkrankheit nicht offensichtlich in der Familie liegt: Betroffen sind vornehmlich Menschen, in deren Familie bereits Fälle von Lungenkrebs oder COPD aufgetreten sind. Insbesondere diese Personen sollten sich auf Alpha-1 testen lassen. Genträger sollten außerdem regelmäßig ihre Lungenfunktion vom Arzt überprüfen lassen.

Referenzen:
•    European Respiratory Journal 2017, Band 49, Seite: 1600154
•    Nature Scientific Reports 2016, Band 6, Seite: 20509

Quelle: äin-red

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