Ramucirumab (Handelsname Cyramza) ist ein monoklonaler Antikörper, der die Neubildung von Blutgefäßen und damit auch die Blutversorgung von Tumoren durch die gezielte Blockade eines Rezeptors verringert. Das soll das Wachstum der Tumoren hemmen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun untersucht, ob der Wirkstoff erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) einen Zusatznutzen gegenüber Vergleichstherapien bietet. Ergebnis: Für unter 65-Jährige mit NSCLC gibt es einen Beleg für einen „geringen Zusatznutzen“, für ältere Betroffene hingegen einen „geringeren Nutzen“ als mit der Vergleichstherapie.
In den beiden Studien (REVEL und JVCG), die der Nutzenbewertung für NSCLC zugrunde lagen, wurden die Patienten im Prüfarm mit Ramucirumab in Kombination mit Docetaxel und im Vergleichsarm mit Docetaxel allein behandelt. In beiden Prüfarmen überlebten die Studienteilnehmer länger als in den Kontrollarmen.
Allerdings profitierten von diesem Vorteil nur Patientinnen und Patienten, die jünger als 65 Jahre waren. Neben dem beträchtlichen Zusatznutzen beim Gesamtüberleben ergab sich für sie nämlich auch ein Anhaltspunkt für einen beträchtlich geringeren Schaden in der Endpunktkategorie „schwerwiegende/schwere Nebenwirkungen“. In derselben Kategorie traten zwar auch negative Effekte auf, diese stellten aber die Vorteile nicht gänzlich infrage. Somit gibt es für unter 65-Jährige einen Beleg für einen geringen Zusatznutzen von Ramucirumab und Docetaxel gegenüber Docetaxel allein.
Ältere Patienten hatten dagegen keinen Überlebensvorteil, und es traten ausschließlich negative Effekte (vermehrte Nebenwirkungen) auf, sodass für sie ein geringerer Nutzen von Ramucirumab plus Docetaxel im Vergleich zu Docetaxel allein belegt ist.
Dieses zweigeteilte Ergebnis nimmt Anna-Sabine Ernst, Leiterin des Ressorts Kommunikation im IQWiG, zum Anlass für folgenden Hinweis: „Geringer Zusatznutzen und geringerer Nutzen - das klingt verführerisch ähnlich. In der Vergangenheit ist es auch in der Fachpresse gelegentlich zu Verwechslungen gekommen. Wir würden den Unterschied gerne deutlicher markieren, sind aber an den Wortlaut der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung gebunden.“ In dieser wird ein Zusatznutzen - also ein gegenüber der Vergleichstherapie größerer Nutzen des neuen Wirkstoffs - in absteigendem Ausmaß als erheblich, beträchtlich und eben gering bezeichnet.
Schneidet der neue Wirkstoff dagegen schlechter ab als die Vergleichstherapie, ist von einem „geringeren Nutzen“ die Rede. „Die beiden Ausdrücke stehen gewissermaßen auf unterschiedlichen Ufern“, so Ernst. „Getrennt sind sie durch einen Graben namens ‚kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen' oder auch - gleichbedeutend - ‚kein Zusatznutzen belegt'."
Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)