Menschen mit Diabetes haben ein größeres Risiko an Tuberkulose zu erkranken als Nicht-Diabetiker. Zu diesem Schluss kommen Christie Jeon und Megan Murray von der Harvard School of Public Health in Boston (US-Staat Massachusetts), die insgesamt 13 Studien analysiert haben, in denen der Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen untersucht wurde. Die Ergebnisse dieser Meta-Analyse mit Daten von rund 1,7 Millionen Studienteilnehmern – darunter mehr als 17.500 Tuberkulose-Patienten – wurden in der Fachzeitschrift PloS Medicine (Band 5, Heft 7, 2008, Online-Vorabveröffentlichung ) veröffentlicht.
Wie sich in der Auswertung abzeichnet, erkranken Diabetiker im Vergleich zu Nicht-Diabetikern etwa dreimal so häufig an der aktiven Form der Tuberkulose. „Bei der Prävention und Behandlung von Tuberkulose sollte daher besonderes Augenmerk auf die Diabetiker gelegt werden“, rät Prof. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Werne. „Ein dreifach erhöhtes Tuberkulose-Risiko für Diabetiker würde bedeuten, dass Diabetes zum Beispiel in China und Indien für mehr als 10 Prozent der Tuberkulose-Fälle verantwortlich wäre. Wenn sich das auch für weitere Länder bewahrheiten sollte, müsste eine globale Tuberkulose-Kontrolle stark davon profitieren, wenn man bei der Erkennung und Behandlung von latenten Tuberkulose-Fällen speziell auch ein Augenmerk auf Diabetiker hielte. Andersherum sollten sich auch verstärkte Bemühungen bei der Erkennung und Therapie von Diabetes positiv auf die Verbreitung der Tuberkulose auswirken und die derzeitige Häufigkeit von weltweit 1,6 Millionen Todesfällen infolge von Tuberkulose reduzieren helfen.“
Mögliche biologische Mechanismen, die den beobachten Zusammenhang erklären könnten, haben vor kurzem auch andere Untersuchungen schon geliefert. „Versuche mit Mäusen haben zum Beispiel gezeigt, dass ein chronisch erhöhter Blutzuckerspiegel das Immunsystem schwächt“, erklärt Köhler. „Das hat dann unter anderem zur Folge, dass diabetische Mäuse Tuberkulose-Bakterien schlechter bekämpfen können.“
Derzeit gibt es weltweit etwa 180 Millionen Diabetiker. Expertenschätzungen zufolge wird sich deren Zahl bis zum Jahr 2030 verdoppeln. „Das unterstreicht den Stellenwert der Zuckerkrankheit als Risikofaktor für die Tuberkulose“, betont Köhler.