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Wo die Tabaksucht im Gehirn wurzelt

Moderne Bildgebungsverfahren wie die PET machen sichtbar, welche Hirnregionen dafür verantwortlich sind, dass Raucher ein Verlangen nach Zigaretten verspüren. Forscher aus den USA haben insgesamt drei Areale ausfindig gemacht, die direkt mit der Abhängigkeit von Tabakprodukten zusammenhängen.

Mit modernen Bildgebungsverfahren wie der Positronen-Emissionstomographie (PET) lässt sich sichtbar machen, in welchen Gehirnregionen der Drang zur Zigarette – das so genannte „craving“ – verankert ist. Offenbar sind dafür insgesamt drei verschiedene, relativ tief gelegene Hirnstrukturen verantwortlich, berichten US-Wissenschaftler um Jed Rose des Duke University Medical Center in Durham (North Carolina) in der Fachzeitschrift Neuropsychopharmacology. Diese Regionen kristallisierten sich heraus, nachdem bei 15 Rauchern vor, während und nach einer Entwöhnungstherapie (mit nikotinfreien Zigaretten und Nikotinpflaster) PET-Aufnahmen des Gehirns gemacht wurden.

An der Tabaksucht beteiligt ist erstens der so genannte Thalamus - jener Teil des Zwischenhirns, der Sinnesinformationen verarbeitet, bevor sie ans Großhirn weitergeleitet werden. Rose zufolge beklagen sich viele Raucher beim Abstinenzversuch über die Unfähigkeit, ihre Gedanken zu bündeln, und ein Gefühl der Überforderung. Dies führt Rose auf Veränderungen im Thalamus zurück. Dabei wurden die größten Veränderungen bei Rauchern beobachtet, die unter Stress zur Zigarette griffen, um sich zu beruhigen. Zweitens weisen Raucher während der Tabakabstinenz eine verminderte Aktivität im so genannten Striatum auf, das von Hirnforschern als ein Teil der Vergnügungssystems im Gehirn betrachtet wird. In dieser Region kam es während des Nikotinverzichts vor allem bei jenen Personen zu Veränderungen, die als vorrangige Motivation für das Rauchen die Beseitigung des „craving“ und eine glücksbetonte Entspannung angaben. An dritter Stelle ist der so genannte anteriore cinguläre Cortex betroffen – das ist eine Region, die eine entscheidende Rolle bei kognitiven Funktionen spielt wie Konfliktverarbeitung, Selbstkontrolle, Entscheidungsfindung und Emotionen. Raucher mit Veränderungen in dieser Region gaben laut Rose häufig an, dass sie mit dem Rauchen auch ihr Gewicht regulierten.

Aus diesen Studienergebnissen schlussfolgert Rose, dass Menschen, die ohne Zigaretten keine ruhige Minute finden, unzufrieden sind oder Schwierigkeiten haben, sich zu kontrollieren und konzentrieren, die größten Schwierigkeiten haben, von ihrer Sucht wieder loszukommen. Dies könnte damit zusammenhängen, dass alle drei genannten Regionen in enger Beziehung zum Belohnungssystem im Gehirn stehen, welches sich häufig als stärker erweist als die von höheren “Willenszentren” ausgehenden Impulse. Was sich unter anderem auch darin zeigt, dass zwar 70 Prozent der Raucher lieber heute als morgen aufhören würden, aber nur rund 5 Prozent dies tatsächlich auch schaffen. Mehr Erfolg haben aufhörwillige Raucher, die verschiedene Entwöhnungsmethoden miteinander kombinieren. So erzielen mittel- und langfristig die medikamentös gestützten Raucherentwöhnungsprogramme in Kombination mit verhaltenstherapeutischen Selbstkontrollen die höchsten Abstinenzraten.

Quelle: Neuropsychopharmacology advance Online-Ausgabe vom 14. März 2007 (doi: 10.1038/sj.npp.1301379)
Zusammenfassung (abstract)