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Wirkung von Makrolid-Antibiotika besser erforscht

Bessere Erkenntnisse über die Wirkungsweise von Makrolid-Antibiotika können nach Ansicht von Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München zur Entwicklung neuartiger Antibiotika beitragen, die bestimmte Bakterientypen – und möglicherweise auch multiresistente Stämme – gezielt angreifen.

Multiresistente Bakterien stellen ein immer größeres medizinisches Problem dar, weil bisher erfolgreich eingesetzte Antibiotika bei diesen keine Wirkung mehr zeigen,. Das kann insbesondere in Krankenhäusern und Altenheimen zu so genannten Superinfektionen mit kaum behandelbaren Lungenentzündungen, Blutvergiftungen und anderen Komplikationen führen.

Die meisten Antibiotika docken an den bakteriellen Ribosomen an, den Proteinfabriken im Inneren der Erreger. Dort verhindern sie die Herstellung neuer Proteine, die für das Überleben und die Vermehrung der Krankheitserreger notwendig sind. Ein Forscherteam um den Biochemiker Dr. Daniel Wilson von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München hat nun in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Chemistry & Biology (2010, Band 17, S. 504-514) erstmals nachgewiesen, dass so genannte Makrolid-Antibiotika, die im Tunnel der Ribosomen andocken, je nach Art des bakteriellen Ribosoms unterschiedlich effektiv wirken. „Unsere Ergebnisse sind eine wichtige Ausgangsbasis für die Entwicklung neuartiger Antibiotika, die gezielt gegen multiresistente Keime eingesetzt werden können“, erläutert Wilson. „Makrolid-Antibiotika spielen bei der Bekämpfung resistenter Bakterienstämme eine wichtige Rolle: Sie hemmen die Proteinsynthese, indem sie verhindern, dass die Aminosäureketten um weitere Bausteine verlängert werden.“

Eine detaillierte Analyse der Wirkungsweise von Makrolid-Antibiotika soll nun den Weg zur gezielten Entwicklung schlagkräftiger Wirkstoffe ebnen. In Zusammenarbeit mit Forschern der Staatlichen Universität Moskau und dem Deutschen Elektronen-Synchrotron in Hamburg untersuchten Wilson und sein Team, wie Makrolid-Antibiotika sich mit Bestandteilen des ribosomalen Tunnels verbinden und die Herstellung neuer Proteine verhindern. Dazu synthetisierten die Moskauer Wissenschaftler verschiedene Makrolid-Antibiotika, die jeweils unterschiedliche Aminosäuren und Peptide – kurze Ketten von Aminosäuren – enthielten. „Wir konnten beobachten, dass die Antibiotika die Maschinerie der Ribosomen tatsächlich hemmen können“, berichtet Wilson. „Überraschenderweise treten aber nur bestimmte Aminosäure- und Peptidketten in Wechselwirkung mit dem ribosomalen Tunnel und ermöglichen so, dass das Antibiotikum seine Wirkung entfalten kann.“

In manchen Fällen allerdings entfernten die neu entstehenden Aminosäureketten bestimmte Makrolid-Antibiotika aus dem Ribosom – und verhinderten so deren therapeutischen Effekt. „Dieser Mechanismus könnte zur Entwicklung von Resistenzen beitragen“, erklärt Wilson. „Denn wenn das Antibiotikum im Ribosom erkannt ist, löst dies möglicherweise einen Mechanismus aus, der das Bakterium gegen den Wirkstoff unempfindlich macht.“ Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung neuartiger Antibiotika beitragen, die bestimmte Bakterientypen – und möglicherweise auch multiresistente Stämme – gezielt angreifen. Sogar weitere Resistenzen könnten auf diesem Weg verhindert werden: Wird bei einer Infektion immer das jeweils effektivste Antibiotikum eingesetzt, sinken auch die Überlebenschancen von Erregern, die nicht auf den Wirkstoff ansprechen. „Wir wollen nun weitere andere Antibiotika-Typen untersuchen und den Zusammenhang zwischen Effektivität und chemischer Zusammensetzung analysieren“, berichtet Wilson.

Quelle: Journalmed