Bei zu schnellem Aufstieg in große Höhen über 2500 Meter, die als Schwellenhöhe für das Auftreten der Höhenkrankheit gilt, drohen nicht nur Symptome der akuten Bergkrankheit (wie leichte Kopfschmerzen, Übelkeit, Abgeschlagenheit), sondern es kann sich – bei Nicht-Befolgen der Akklimatisierungsregeln - auch ein Höhenlungenödem oder gar ein Höhenhirnödem entwickeln (englisch: High-Altitude Pulmonary Edema = HAPE sowie high altitude cerebral edema = HACE). Um eine Höhenkrankheit zu vermeiden, ist daher in großen Höhen ab 2500 Metern eine kontrollierte Aufstiegsgeschwindigkeit mit gezielter Akklimatisierung erforderlich.
Ursache ist der sinkende Luftdruck in zunehmender Höhe
Ursache ist der in zunehmender Höhe sinkende Luftdruck, so dass mit jedem Atemzug weniger Sauerstoffmoleküle als auf Meereshöhe aufgenommen werden können – und zwar umso weniger, je höher man aufsteigt. Zwar bildet der Körper, um den Bedarf an Sauerstoff auszugleichen, mit der Zeit mehr rote Blutkörperchen mit Hämoglobin für den Sauerstofftransport - aber das braucht eben seine Zeit. Unterdessen versucht der Organismus dem Versorgungsengpass mit Sauerstoff so weit wie möglich entgegenzuwirken, indem er zum einen die Atem- und Herzfrequenz erhöht. Zum anderen kommt es zu einer höhenbedingten Diurese, also vermehrten Urinausscheidung, die kurzfristig eine relative Erhöhung der roten Blutkörperchen bewirkt, da jetzt vergleichsweise mehr Blutkörperchen pro Blutmenge vorhanden sind. Das allerdings erhöht auch das Risiko für Thrombosen – deshalb sollte man viel Wasser trinken (mindestens 3- 4 Liter pro Tag). Die langfristige Neubildung der roten Blutkörperchen – und damit deren absolute Vermehrung - kommt eigentlich erst rund zwei Wochen später zum Tragen.
Wer Warnzeichen ignoriert, riskiert auch ein Hirnödem
Ab 2500 Metern ist eine Verringerung der Ausdauerleistungsfähigkeit um 10 Prozent pro 1000 Höhenmeter ganz normal. Der geringe Luftdruck in großer Höhe kann auch zu Ödemen führen. Schmerzlose Schwellungen im Bereich der Augen, oder seltener an Händen und Füßen sind zwar harmlos, sollten aber Anlass zu erhöhter Wachsamkeit geben, da solche Ödeme die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der Höhenkrankheit erhöhen. Anzeichen für die Entwicklung eines Höhenlungenödems sind ein massiver Leistungsabfall, Atemnot und anfangs ein meist leichter und trockener Husten, der im Verlauf produktiv und blutig werden kann. Anzeichen für ein Hirnödem sind Stand- und Gangunsicherheit, Verwirrtheit, sowie massive Kopfschmerzen und Erbrechen. Ohne Gegenmaßnahmen können zunehmende Bewusstseinsstörungen und innerhalb von 24 Stunden Koma und Tod eintreten. Wird trotz Anzeichen der akuten Bergkrankheit weiter in höhere Lagen aufgestiegen, verstärken sich die Symptome und können u. U. tödlich enden.
Absteigen lindert die Beschwerden
Bei den ersten Anzeichen von Höhenkrankheit sollten Betroffene in niedrigere Lagen absteigen, um sich dort auszuruhen und die Symptome abklingen zu lassen. Da körperliche Anstrengung die Symptome deutlich verstärken kann, ist gegebenenfalls ein Abtransport (am besten in aufrechter Körperhaltung) einem selbständigen Abstieg vorzuziehen. Nach einem symptomfreien Ruhetag können Betroffene wieder versuchen, weiter aufzusteigen. Werden allerdings die Beschwerden auch nach einer Nacht-Pause in niedrigerer Höhe nicht besser, ist ein Abstieg auf Höhen unter 2.500 Metern erforderlich. Auf keinen Fall sollten Bergsteiger gefäßerweiternde Medikamente wie Nifedipin einnehmen, um den Aufstieg fortzusetzen. Davon ist abzuraten, da solche gefäßerweiternde und Blutdruck senkende Wirkstoffe die wichtigen Warnsymptome einer Höhenkrankheit verschleiern können und somit unter Umständen eine große Gefahr darstellen. Solche Medikamente sollten vielmehr nur im Notfall zur Behandlung einer akuten Höhenkrankheit eingesetzt werden.
Für eine Höhenanpassung ist die Schlafhöhe entscheidend
Die Entwicklung einer Höhenkrankheit kann übrigens auch gut trainierte Bergsteiger treffen, selbst junge Sportler, die sich besonders häufig nur auf ihre Fitness verlassen. Zur Akklimatisierung generell wird Bergsteigern, die eine Höhe von 3000 bis 4000 Meter anstreben, empfohlen, auf circa 2500 Metern eine ein- bis zwei tägige Pause einzulegen, um sich an die Höhe und die dünnere Luft zu gewöhnen. Das bedeutet auf dieser Höhe zu nächtigen und tagsüber nicht mehr als 300 bis 500 Meter zu erklimmen, wobei es wichtig ist, das Tempo beim Aufstieg zu drosseln, also langsam zu gehen, um sich stets im aeroben Belastungsbereich zu bewegen. Für die Akklimatisierung ausschlaggebend ist aber immer die Schlafhöhe, nicht die auf einer Tour bereits erreichte Maximalhöhe. Denn beim Schlafen kann die flache Lagerung im Bett die mangelnde Sauerstoffversorgung (sog. Hypoxie) verstärken, daher manifestiert sich ein Höhenlungenödem oft über Nacht.
Quelle: äin-red & HNO-Nachrichten, Ausgabe 5/2022, Springer Medizin