Die Schleimhaut der Atemwege kommt täglich mit tausenden von Fremdstoffen aus der Außenluft in Kontakt - viele sind harmlos, manche bedrohlich. Im zweiten Fall müssen Abwehrmechanismen in Gang gesetzt werden. Bevor die Abwehr dann aber über das Ziel hinausschießt, muss sie auch wieder gedrosselt werden. An der Steuerung dieser Reaktionen des Immunsystems sind offenbar auch Zellen in den Lungenbläschen entscheidend beteiligt. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig in der Fachzeitschrift American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine (2009, Band 179, Seite 344-355). Sie haben einen Kommunikationsweg zwischen den Lungenepithelzellen in den Lungenbläschen und den Abwehrzellen des Immunsystems - den so genannten T-Zellen - aufgeklärt. „Der regulierende Einfluss der Lungenzellen auf eine Immunantwort wurde bislang völlig unterschätzt“, meint Dunja Bruder, Leiterin der Arbeitsgruppe Immunregulation am HZI.
„Die Zellen in der Lungenschleimhaut sind in der Lage, die Immunreaktion auszubalancieren. Sie können sowohl entzündungsfördernd als auch entzündungshemmend wirken - je nach dem, welche Botenstoffe sie ausscheiden“, erläutert Marcus Gereke, Erstautor der aktuell veröffentlichten Studie. Schütten die Zellen beispielsweise den entzündungshemmenden Botenstoff TGF-beta aus, sind sie in der Lage, das Immunsystem zu besänftigen. Sie lassen dann regulatorische T-Zellen – so genannte Tregs - heranreifen. Diese Tregs haben die Fähigkeit, Entzündungsreaktionen abzumildern. So können sie die Lunge vor einer zu aggressiven Immunantwort schützen, welche die Atemfunktion gefährden würde.
Die Schleimhautzellen können aber auch Entzündungen verstärken, indem sie das Signal zur Erregerabwehr geben. Dazu präsentieren die Schleimhautzellen auf ihrer Oberfläche Bruchstücke des betreffenden Erregers, die von den T-Zellen erkannt werden können. Die T-Zellen schalten dann auf gezielte Abwehr, wodurch Entzündungen in der Lungenschleimhaut ausgelöst werden.
„Damit stellen die Schleimhautzellen überraschenderweise einen wichtigen Teil der Immunabwehr in der Lunge dar“, betont Bruder. „Diese Erkenntnisse sind wichtige Grundlagen für die Entwicklung neuer, maßgeschneiderter Therapien im Bereich chronischer Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD. “ Zukünftig wollen die Forscher versuchen, weitere entzündungshemmende Botenstoffe zu identifizieren, um dann in die Zellkommunikation einzugreifen mit dem Ziel, regulatorische T-Zellen gezielt zu stimulieren und so Entzündungsreaktionen abzumildern.