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Wie Legionellen die Immunabwehr täuschen

Wie die Erreger der Legionärskrankheit (Legionellen) es fertig bringen, die Abwehrzellen des menschlichen Immunsystems (Fresszellen bzw. Makrophagen) auszutricksen, haben jetzt Forscher aus Marburg herausgefunden.

Legionellen sind Stäbchenbakterien, die Wassertemperaturen zwischen 25 und 45 Grad lieben. Sie können besonders gut wachsen, wenn warmes Wasser eine Zeit lang in Leitungen, im Wasserboiler oder sonstigen Speichern unbenutzt steht. Die Bakterien können dann zum Beispiel über den Sprühnebel der Dusche verbreitet und vom Menschen eingeatmet werden und die so genannte Legionärskrankheit – d.h. eine lebensbedrohliche Lungenentzündung - auslösen. Diese kann vor allem bei immunschwachen Patienten tödlich verlaufen. Schutz vor einer Legionellen-Infektion bietet das Erwärmen des Wassers auf mindestens 50 Grad Celsius sowie das regelmäßige Austauschen des Wasser-Speichervolumens. 

Forscher des Instituts für Lungenforschung an der Philipps-Universität in Marburg interessieren sich dafür, wie und warum die stäbchenförmigen Erreger die körpereigene Abwehr austricksen können, indem sie sich in Zellen des menschlichen Immunsystems - den Fresszellen (Makrophagen) – quasi verstecken. Was geht da vor sich? Offenbar kann sich der Erreger der Legionärskrankheit besonders gut in den Fresszellen vermehren, wenn er Transportbläschen als Vorhut eingesetzt hat, die krankmachende Stoffe enthalten. Das berichtet ein Wissenschaftlerteam des Forschungsverbundes „Universites of Giessen and Marburg Lung Center“ (UGMLC) um Prof. Dr. Bernd Schmeck (siehe PLoS Pathogens, Online-Veröffentlichung am 22. 4. 2016).

„Wir haben erstmals untersucht, wie sich eine Vorbehandlung mit Transportbläschen auf eine anschließende Legionellen-Infektion auswirkt“, erklärt Prof. Schmeck, Direktor des Instituts für Lungenforschung an der Philipps-Universität in Marburg, der die zugrunde liegende Forschungsarbeit leitete. Legionellen und andere Bakterien schnüren Bläschen aus ihrer Zellhülle ab, so genannte Vesikel. Diese enthalten Substanzen, zum Beispiel bestimmte Enzyme, aber auch Lipopolysaccharide aus der äußeren Hüllmembran der Bakterien, die für andere Organismen krankmachend sind. Mit solchen Vesikeln können die Erreger auch entfernte Ziele infizieren.

Prof. Schmecks Team behandelte also Zellen von Mensch und Maus mit Legionellen-Vesikeln. Das Ergebnis: Zunächst ruft die Behandlung wie zu erwarten eine Immunreaktion hervor, nämlich eine Freisetzung von Entzündungsstoffen, so genannten Zytokinen. Wenn aber die Infektion mit Vesikeln weiter anhält, führt sie zu einer stärkeren Vermehrung der Legionellen in den betroffenen Makrophagen. Die Wirtszellen weisen eine erhöhte Anzahl von Hohlräumen auf, in denen sich Bakterien befinden, während die Zytokinproduktion abnimmt. „Die Bakterienlast liegt um das Doppelte höher als ohne Vorbehandlung“, betont die Erstautorin Anna Lena Jung.

Die Vesikel bewirken also, dass Fresszellen des Immunsystems sich in eine Brutstätte für Legionellen verwandeln, ohne sich effizient gegen die Krankheitserreger wehren zu können. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Vesikel die Ausbreitung von Legionellen im Wirtsgewebe fördern“, resümiert Schmeck.

Quelle: Philipps-Universität Marburg