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Wie Chorproben während Pandemien sicher durchgeführt werden können

Dank regelmäßigem Luftaustausch und speziellen Sensoren können Chorproben so durchgeführt werden, dass die Kohlendioxid-Konzentration und damit auch die Aerosole in der Raumluft unter dem für eine Infektion kritischen Bereich bleiben.

Um zu untersuchen, wie sich Aerosole als mögliche Träger von Viren während einer Chorprobe im Raum verteilen, führten Forschungsteams der TU Bergakademie Freiberg und der Universität Leipzig in den vergangenen Monaten Messungen bei Chorproben durch (siehe Journal of Voice, online seit 4.6.22). Demnach können Chorproben dank regelmäßigem Luftaustausch und speziellen Sensoren so durchgeführt werden, dass die Kohlendioxid-Konzentration und damit auch die Aerosole in der Raumluft unter dem für eine Infektion kritischen Bereich bleiben.

Aerosole sind sehr kleine Tröpfchen, die längere Zeit in der Luft schweben und so auch Viren übertragen können. „Ausgeatmete Luft enthält neben den Aerosolen auch Kohlendioxid (CO2). Aerosole reichern sich besonders in Bereichen mit hoher CO2-Konzentration an. Enthalten die Aerosole Viren, steigt in diesen Bereichen auch das Risiko für ihre Übertragung durch die Luft“, erklärt Prof. Rüdiger Schwarze von der Professur für Strömungsmechanik und Strömungsmaschinen der TU Bergakademie Freiberg.

Anhand der Messergebnisse hat das Team nun eine Art Formel für sichere Chorproben bereitgestellt: In einem 200 Kubikmeter großen Raum ist jede singende Person für den Anstieg der CO2-Konzentration um rund 1,8 ppm (1 ppm entspricht einem zehntausendstel Prozent) pro Minute verantwortlich. Somit lässt sich die Zeit ermitteln, die eine Chorgruppe ohne erhöhtes Ansteckungsrisiko proben kann. „Proben 15 Personen in einem Klassenzimmer, wird eine kritische CO2-Konzentration von 800 ppm nach 15 Minuten erreicht, 10 Personen können dagegen 22 Minuten ohne Lüften singen. Wird der Raum in diesen Zeitabständen regelmäßig für fünf Minuten stoßgelüftet oder eine raumlufttechnische Anlage verwendet, sinkt die CO2-Konzentration rasch ab und es kann sicher geprobt werden“, erläutert Dr. Lennart Heinrich Pieper vom Zentrum für Musikermedizin der Universität Leipzig. Prof. Dr. Michael Fuchs, Leiter des Zentrums, ergänzt: „Die CO2-Messung ist natürlich nur ein Baustein im Kontext aller Hygienemaßnahmen, um das Infektionsrisiko zu senken. Aber eben ein für Chöre sehr praktikabler – und das gilt für das Corona-Virus wie auch für andere Viren in möglichen zukünftigen Pandemie-Situationen.“

Die Forschenden empfehlen außerdem, einen CO2-Sensor in Deckennähe eines ausreichend großen Probenraumes anzubringen: „Da die CO2-Konzentration im oberen Bereich eines Raums am höchsten ist, kann ein marktüblicher Sensor Chorgruppen frühzeitig warnen, sollte die CO2-Konzentration den Schwellenwert erreichen“, erklärt Prof. Rüdiger Schwarze. Empfehlenswert ist auch, wenn Sängerinnen und Sänger die üblichen Aufwärmübungen ihrer Stimme, statt gemeinsam, alleine Zuhause oder im Auto durchführen. „Denn während der bewegungsintensiven Stimmübungen werden besonders viele Aerosole ausgeatmet, verwirbelt und die CO2-Konzentration steigt sehr schnell an“, erläutert Dr. Lennart Heinrich Pieper.

Um den CO2-Gehalt und damit die Aerosol-Ausbreitung während der Chorprobe zu erfassen, installierte das Team im Probenraum ein Sensorfeld mit zehn Messständern und je drei Messsonden, mit deren Hilfe sie die Luftqualität auf drei verschiedenen Ebenen – auf Hüfthöhe, Mundhöhe und über dem Kopf – kontinuierlich überprüften. Dafür wurde die Luft zwischen den einzelnen Messdurchläufen gespült; dabei wird der Wert der CO2-Konzentration wieder auf den gleichen Ausgangspunkt gebracht. Die Messwerte legte das Team anschließend nebeneinander und verglich sie. Um die Messungen nicht zu beeinflussen, hielten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über den gesamten Zeitraum außerhalb des Raumes auf und erhielten die Daten per Bluetooth in Echtzeit auf ihre Monitore. Alle beteiligten Sängerinnen und Sänger hatten ihr Einverständnis für die Durchführung der Messungen erteilt.

Quelle: TU Bergakademie Freiberg