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Wie Bakterien die Blut-Hirn-Schranke überwinden

Für die Entdeckung, wie Erreger der Lungen- und Hirnhautentzündung (so genannte Pneumokokken) den Untergang der Blut-Hirn-Schranke programmieren, wurde kürzlich eine Deutsche mit dem Nachwuchswissenschaftlerinnen-Preis 2006 des Forschungsverbundes Berlin ausgezeichnet.

Pneumokokken sind Bakterien, die durch Tröpfcheninfektion übertragen werden und mit die häufigsten Auslöser für Lungenentzündungen darstellen. Ein bestimmter Vertreter der Bakterien-Familie, Streptococcus pneumoniae, ruft auch Hirnhautentzündungen hervor und ist dabei sogar der häufigste und aggressivste Meningitiserreger. In 20 bis 40 Prozent der Fälle führt eine Pneumokokkenmeningitis trotz Antibiotikatherapie zum Tod. Patienten, die überleben, erleiden oft bleibende Schäden. Annett Halle von der Charité in Berlin hat nun herausgefunden, wie Pneumokokken den Untergang derjenigen Zellen herbeiführen, die im Gehirn die Blut-Hirn-Schranke bilden: so genannte Endothelzellen, die normalerweise das Gehirn vor im Blut zirkulierenden Stoffen schützen. Dafür hat sie am 16. November 2006 den Nachwuchswissenschaftlerinnen-Preis 2006 des Forschungsverbundes Berlin erhalten. Mehrere Fachzeitschriften – darunter Nature, Journal of Clinical Investigation und Nature Reviews Microbiology - haben über die Ergebnisse ihrer Untersuchung berichtet.

Halle hat bei der Erforschung der molekularen Mechanismen der Pneumokokken-Invasion festgestellt, dass Pneumokokken bestimmte Zellgifte bilden – nämlich Wasserstoffperoxid und Pneumolysin, die zum programmierten Zelltod der Endothelzellen führen und damit zum Untergang der Blut-Hirn-Schranke. „Die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse sind wichtig, um die infektionsbiologische Grundlagen einer Schädigung der Blut-Hirn-Schranke zu verstehen, aber auch die Wechselwirkungen dieser klinisch wichtigen Bakterien mit Endothelzellen im Allgemeinen“, betont Jörg Weber von der Charité. Die Schädigung von Endothelzellen bei bakteriellen Infekten spielt auch bei anderen invasiven Infektionen eine entscheidende Rolle, zum Beispiel bei Blutvergiftung (Sepsis). Vor allem ältere Menschen ab 60 Jahren sollten sich gegen Pneumokokken impfen lassen, da bei ihnen die Schutzwirkung des Immunsystems nachlasse und sie insofern stärker gefährdet seien als der Bevölkerungsdurchschnitt. Darauf weist der „Service Impfen Aktuell“ im hessischen Mühltal unter Berufung auf die „Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut“ (Stiko) in Berlin hin. Die besten Impfmonate seien Oktober und November. Die Kosten für die Impfung übernehme die Krankenkasse, eine Praxisgebühr falle nicht an.

Quelle:
Journal of Clinical Investigation (2006), Band 115, Seite 1607-1615: Zusammenfassung (abstract)