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Weshalb bei manchen Bakterien Antibiotika schlechter anschlagen

Kalzium scheint den Schalter von einer akuten zur chronischen Lungeninfektion umzulegen – zumindest bei Pseudomonas aeruginosa, einem der gefürchtetsten Erreger in Krankenhäusern.

Der Erreger Pseudomonas aeruginosa gilt in Krankenhäusern als ausgesprochener Problemkeim. Etwa zehn Prozent aller Krankenhausinfektionen, vor allem Lungenentzündungen, gehen auf sein Konto. Forscher vom Biozentrum der Universität Basel haben nun herausgefunden, dass Kalzium den Schalter von einer akuten zur chronischen Infektion umlegt. In der Fachzeitschrift Nature Microbiology (Online-Vorabveröffentlichung am 24.10.16) berichten die Forscher zudem, weshalb bei diesem Keim Antibiotika schlechter anschlagen.

Das Bakterium Pseudomonas aeruginosa gehört zu den häufigsten Erregern von Krankenhausinfektionen und ist aufgrund von Multiresistenzen gegenüber Antibiotika schwer zu bekämpfen. Das Spektrum an Krankheiten, die durch P. aeruginosa verursacht werden, ist sehr umfangreich. Am häufigsten ruft der Keim chronische Lungenentzündungen bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem hervor.
Im frühen, akuten Stadium einer Lungenentzündung nutzt der Keim ein breites Arsenal an Waffen – so genannte Virulenzfaktoren – um sich im Wirt festzusetzen und dabei dem Immunsystem zu entkommen. Beim Fortschreiten der Infektion ändert das Bakterium seine Strategie und schaltet von akuter zu chronischer Virulenz um. Dazu stoppt es die Produktion von Virulenzfaktoren, wie bakterielle Injektionsnadeln und Toxine, und bildet stattdessen eine schützende Schleimhülle – einen Biofilm. Das Team um Prof. Urs Jenal, Infektionsbiologe am Biozentrum der Universität Basel, hat nun im Kalzium ein Signal entdeckt, das den Schalter zu chronischer Virulenz umstellt.

„Bei Pseudomonas gibt es einen zentralen Signalweg, der die Informationen aus der Umgebung sammelt und schließlich entscheidet, ob der Erreger vom akuten in den chronischen Zustand wechselt“, erklärt Jenal. „Obwohl der Signalweg schon länger bekannt ist, wusste man bislang nicht, welche äußeren Signale die Virulenz von akut zu chronisch umschalten.“ Wie die Forscher nun herausgefunden haben, misst ein Enzym in der Bakterienmembran die Menge an Kalzium in der Umgebung und leitet das Signal ins Zellinnere weiter. Bei einer hohen Kalziumkonzentration wechselt Pseudomonas ins chronische Programm: Die Bakterien im Biofilm drosseln ihr Wachstum und können dadurch Antibiotika besser tolerieren und dem Immunsystem Paroli bieten.

Dass dies auch klinisch relevant ist, konnten die Infektionsbiologen bei Patienten mit Mukoviszidose (zystische Fibrose) nachweisen. Betroffene Patienten leiden ihr Leben lang an chronischen Infektionen mit P. aeruginosa, die zur Zerstörung des Lungengewebes führen. „Auch die Bakterien, die wir direkt aus den Atemwegen der Patienten isolierten, reagierten empfindlich auf Kalzium“, berichtet Jenal. „So können sie ihre Virulenz jederzeit den sich oftmals ändernden Bedingungen in den Atemwegen anpassen. Ein wichtiges Merkmal der Mukoviszidose ist unter anderem ein gestörter Kalzium-Haushalt. Da die Patienten oft erhöhte Kalzium-Spiegel aufweisen, gehen wir davon aus, dass dies den Übergang vom akuten zum chronischen Stadium begünstigt. Dies wiederum ist für die Keime von Vorteil, denn sie sichern sich so ein langfristiges Überleben in den Atemwegen. Die Behandlung der Betroffenen wird dadurch jedoch erschwert.“

Quelle: Universität Basel