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Weniger graue Zellen durch Rauchen?

Eine bestimmte Region der Großhirnrinde ist bei Rauchern dünner als bei Personen, die niemals in ihrem Leben geraucht haben. Das berichten Wissenschaftler der Berliner Charité und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB).

Wie hängt die Struktur bestimmter Regionen des Gehirns mit Nikotinsucht zusammen? Dieser Frage haben sich Forscher der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) gewidmet. Ihre Ergebnisse erweitern und spezifizieren vorangegangene Untersuchungen: Eine bestimmte Region der Großhirnrinde (cerebraler Kortex) ist bei Rauchern dünner als bei Personen, die niemals in ihrem Leben geraucht haben (siehe Biological Psychiatry, Online-Vorabveröffentlichung am 25.9.2010). Diese Region ist für die Belohnung, die Impulskontrolle und das Treffen von Entscheidungen relevant. Die Frage, ob nun Rauchen dazu führt, dass diese Hirnregion dünner wird, oder ob Menschen, die von Natur aus eine dünnere Kortexregion haben, häufiger zum Rauchen neigen, kann erst durch weitere Untersuchungen geklärt werden.

Um den Zusammenhang zwischen kortikaler Dicke und Nikotinsucht zu untersuchen, wurden die Gehirne von 22 Rauchern und 21 Personen, die noch nie in ihrem Leben geraucht haben, mit Hilfe eines Magnetresonanztomographen untersucht. Die Messungen wurden im Berliner Institut der PTB durchgeführt und lieferten hoch aufgelöste, dreidimensionale Bilder der Struktur des Gehirns. Die individuelle Dicke des Kortex konnte anhand dieser Daten durch ein spezielles Auswertungsverfahren in der Charité bestimmt werden. Beim Vergleich beider Versuchsgruppen wurde deutlich, dass die Dicke eines bestimmten Bereichs der Großhirnrinde (des medialen orbitofrontalen Kortex) bei Rauchern im Durchschnitt geringer war als bei den Niemals-Rauchern. Die Dicke dieser Region war umso geringer, je höher der tägliche Zigarettenkonsum war und je länger die Versuchsteilnehmer in ihrem Leben bereits geraucht hatten.

Ursache und Wirkung sind jedoch noch unklar. Zwar ist aus Tierversuchen bekannt, dass Nikotin die Entwicklung des Gehirns verändert und zu einer Schädigung von Nervenzellen führt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass die verminderte Dicke der frontalen Kortexregion, die bei den Versuchsteilnehmern gefunden wurde, schon vorhanden war, bevor sie mit dem Rauchen begonnen haben. Möglicherweise handelt es sich um eine genetisch bedingte Anlage (Prädisposition) zur Nikotinsucht. In Zukunft wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob sich die Hirnstruktur von Rauchern wieder normalisieren kann, nachdem sie das Rauchen aufgeben.