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Weniger Fettgewebe in der Zunge bessert Schlafapnoe

Eine Reduktion des Fettgewebes in der Zunge hängt direkt mit einer Verbesserung der Beschwerden bei obstruktiver Schlafapnoe zusammen. Das berichten Forscher aus den USA und erklärt, warum Abnehmen gegen obstruktive Schlafapnoe so wirksam ist. Doch auch Normalgewichtige können ein erhöhtes Schlafapnoe-Risiko haben.

Die Wissenschaftler aus New York und Philadelphia setzten Magnetresonanztomographie (MRT) ein, um festzustellen, wie sich ein Gewichtsverlust auf die oberen Atemwege stark übergewichtiger (adipöser) Patienten auswirkt. Dabei beobachteten sie, dass die Reduktion von Fettgewebe in der Zunge einen wichtigen Faktor zur Verringerung des Schweregrades einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA) darstellt (siehe American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine, Online-Veröffentlichung am 10.1.2020).

„Die meisten Ärzte und sogar Schlafapnoe-Experten haben in der Vergangenheit bei der OSA-Therapie das Fettgewebe in der Zunge kaum berücksichtigt“, erklärt Schlafmediziner Dr. Richard Schwab, Seniorautor der Studie. „Jetzt, da wir wissen, dass das Fettgewebe in der Zunge ein Risikofaktor ist und sich die Schlafapnoe bessert, wenn dieses Fettgewebe reduziert wird, haben wir ein therapeutisches Ziel identifiziert, das wir vorher nicht hatten.“

Während starkes Übergewicht (Adipositas) der Hauptrisikofaktor für die Entwicklung einer OSA ist, gibt es auch noch andere Ursachen, wie beispielsweise vergrößerte Mandeln oder ein rückverlagerter Unterkiefer. Eine Beatmung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP) bessert die Schlafapnoe bei etwa 75 Prozent der Patienten. Bei den übrigen 25 Prozent, die möglicherweise Probleme bei der Handhabung des CPAP-Gerätes haben, gibt es alternative Behandlungsmöglichkeiten wie mandibuläre Spezialschienen oder chirurgische Lösungen, doch sind diese naturgemäß aufwendiger.

Eine bereits 2014 von Schwab durchgeführte Studie verglich adipöse Patienten mit und ohne Schlafapnoe und ergab, dass die Teilnehmer mit dieser Erkrankung deutlich größere Zungen und einen höheren Anteil an Fettgewebe in der Zunge hatten als diejenigen ohne Schlafapnoe. Der nächste Schritt der Forscher bestand deshalb darin, festzustellen, ob die Verringerung des Zungenfettes die Symptome bessern würde, und Ursache und Wirkung weiter zu untersuchen.

Die neue Studie umfasste 67 Teilnehmer mit leichter bis schwerer OSA, die adipös waren und einen Body-Mass-Index über 30 aufwiesen. Mithilfe einer Diät oder einer gewichtsreduzierenden Operation verloren die Patienten im Durchschnitt über einen Zeitraum von sechs Monaten fast zehn Prozent ihres Körpergewichtes. Insgesamt besserten sich die Schlafapnoe-Werte der Teilnehmer nach dem Gewichtsverlust um 31 Prozent, wie Schlafuntersuchungen ergaben.

Vor und nach der Gewichtsabnahme wurden bei den Studienteilnehmern MRT-Untersuchungen sowohl an ihrem Rachen (Pharynx) als auch an ihrem Bauch (Abdomen) durchgeführt. Anschließend quantifizierte das Forscherteam mithilfe einer statistischen Analyse die Veränderungen zwischen dem Gesamtgewichtsverlust und der Volumenreduktion der oberen Atemwegsstrukturen, um festzustellen, welche Strukturen zur Verbesserung der Schlafapnoe führten. Das Team stellte fest, dass eine Verringerung des Zungenfettvolumens der primäre Zusammenhang zwischen Gewichtsverlust und Verbesserung der Schlafapnoe war.

Die Studie ergab außerdem, dass ein Gewichtsverlust zu einer Verringerung des Volumens des Flügelbeines und der Seitenwand des Rachens (Pharynx) führte. Beide Veränderungen hatten auch eine Besserung der Schlafapnoe zur Folge, jedoch nicht in gleichem Maße wie die Reduktion des Fettgewebes der Zunge.

 

Die Autoren glauben, dass das Fettgewebe in der Zunge ein potenzielles neues therapeutisches Ziel zur erfolgreichen Behandlung der Schlafapnoe ist. Sie schlagen vor, in zukünftige Studien zu untersuchen, ob bestimmte fettarme Diäten bei der Reduzierung des Zungenfettgewebes besser sind als andere und ob Kältetherapien zur Reduzierung des Zungenfettgewebes angewendet werden könnten. Schwab betont jedoch, dass diese Interventionen in diesem Zusammenhang noch nicht getestet wurden.

Das Team um Schwab untersucht auch neue Interventionen und andere Risikofaktoren für Schlafapnoe. Dazu gehört die Beantwortung der Frage, ob manche Patienten, die nicht adipös sind, aber „fette“ Zungen haben, für eine Schlafapnoe prädisponiert sein könnten, aber mit geringerer Wahrscheinlichkeit diagnostiziert werden.

In einer kürzlich durchgeführten Studie stellte Schwab fest, dass auch die ethnische Zugehörigkeit eine Rolle bei der Schwere der Schlafapnoe spielt. Sein Forscherteam verglich die Anatomie der oberen Atemwege bei chinesischen und isländischen Patienten mit Schlafapnoe und stellte fest, dass chinesische im Vergleich zu isländischen Patienten vergleichbaren Alters, Geschlechts und ähnlicher Symptome über kleinere Atemwege und Weichteile verfügten, aber ein Gaumensegel mit größerem Volumen aufwiesen, das stärker durch knöcherne Strukturen beschränkt war. Dies bedeutet, dass asiatische Patienten im Allgemeinen ein höheres Risiko für schwere Schlafapnoe-Symptome haben.

Die Botschaft laute, so Schwab, dass alle Patienten, die an Schnarchen oder Müdigkeit leiden, auf eine Schlafapnoe hin untersucht werden sollten – unabhängig davon, ob sie in die typischen Hochrisikokategorien der Adipösen fallen oder nicht.

„Hausärzte und möglicherweise sogar Zahnärzte sollten alle Patienten danach fragen, ob diese schnarchen oder häufig müde sind, auch Patienten mit einem normalen Body-Mass-Index, da sie nach unseren Daten möglicherweise auch ein Risiko für Schlafapnoe haben”, so Schwab.

Quelle: Biermann Medizin, 10.1.2020