Mehr als eine Million Menschen sterben jährlich weltweit an Lungenkrebs. Als neue Behandlungsmöglichkeit setzen Onkologen auf Immuntherapien. Diese nutzen das körpereigene Abwehrsystem und stimulieren Immunreaktionen, die das Wachstum von Krebszellen verlangsamen oder sogar stoppen. Nun ist Wissenschaftlern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) der Nachweis gelungen, dass ein bestimmtes Protein im Zellkern (der Transkriptionsfaktor NFATc1) die Immunantwort steuert und wesentlich zur Bekämpfung von Lungenkarzinomen beiträgt (siehe Cancer Research, Online-Veröffentlichung am 24.4.2018).
In früheren Untersuchungen hatte das Wissenschaftlerteam um Prof. Dr. Susetta Finotto, Leiterin der Molekular-Pneumologischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen, bereits nachgewiesen, dass Lungentumore fähig sind, die Immunantwort mit Hilfe eines speziellen Proteins umzuprogrammieren. Dabei werden genau jene Zellen ausgeschaltet, die für die Immunabwehr zuständig sind: Die Tumorzellen entziehen sich der Bekämpfung durch das Immunsystem.
Nun haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass ein Protein namens NFATc1 bei der Tumorabwehr eine wichtige Rolle spielt: Dieser Transkriptionsfaktor steuert im Zellkern die Ausprägung verschiedener Gene, die wiederum die Funktion sogenannter zytotoxischer T-Zellen bestimmen. „NFATc1 fördert die Entstehung von zytotoxischen Molekülen und kann deshalb den Zelltod von Tumorzellen einleiten“, erklärt die Doktorandin Lisanne Heim.
Bei Lungenkrebspatienten in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium beobachtete die Arbeitsgruppe eine progressive Abnahme von NFATc1 im Lungentumorgewebe von nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass NFATc1 bei der funktionellen Wiederherstellung von T-Zellen, die während der Tumorentwicklung gehemmt wurden, bedeutsam ist.
In der Studie untersuchte Lisanne Heim auf Anregung von Prof. Dr. Susetta Finotto auch sogenannte Checkpoint-Inhibitoren, die in der Immuntherapie gegen Krebs eingesetzt werden. Anstatt gegen Krebszellen direkt vorzugehen, greifen die Moleküle an wichtigen Stellen des Immunsystems an und fördern körpereigene Abwehrmechanismen. Lisanne Heim erforschte den Signalweg von Anti-PD1-Antikörpern im Zusammenhang mit NFATc1. „Unter Verwendung von Anti-PD1-Antikörpern ist der NFATc1-Anteil in T-Zellen höher, was zu einer verstärkten antitumoralen Immunantwort führte“, erläutert die Nachwuchswissenschaftlerin. Die Forscher zeigten, dass es bei einer konditionellen Inaktivierung von NFATc1 in T Zellen zu einem verstärkten Lungentumorwachstum kommt. „Dies konnte mit einer beeinträchtigten Aktivierung und Funktion von T Zellen assoziiert werden."
Das aktuelle Forschungsergebnis trägt zum Verständnis der Wirkungsmechanismen von Anti-PD1-Antikörpern bei und kann so klinische Immuntherapien, die das Wachstum von Lungenkrebs bekämpfen, möglicherweise erfolgreicher machen.
Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg