Die idiopathische pulmonale Lungenfibrose (IPF) ist eine unheilbare Lungenerkrankung mit unbekannter Entstehung und eingeschränkten Therapiemöglichkeiten. In der Forschung zeichnet sich ab, dass das Signalmolekül WNT5A eine wichtige Rolle für den Krankheitsverlauf spielt. Nun ist einer Gruppe von Wissenschaftlern des Helmholtz Zentrums Münchens und Kollegen der Universität Denver ein weiterer Schritt gelungen, die Mechanismen der Fibroseentstehung aufzudecken: Bei einer IPF treten vermehrt sogenannte extrazelluläre Vesikel auf, die die WNT5A-Signale zu den Lungenzellen tragen (siehe American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine, Online-Veröffentlichung am 25.7.2018).
Bei einer Lungenfibrose kommt es zu einer gesteigerten Bildung von Bindegewebe in der Lunge, so dass das funktionsfähige Lungengewebe vernarbt (= Fibrosierung). Dadurch nimmt die innere Oberfläche der hauchfeinen Lungenbläschen und die Dehnbarkeit der Lunge ab, weshalb die Aufnahme von Sauerstoff behindert wird. Resultat ist eine Einschränkung der Lungenfunktion. Die IPF ist eine besonders aggressive Form, die sich nicht auf eine bestimmte Ursache zurückführen lässt. Die Beschwerden verstärken sich schnell. Bisherige Medikamente können das Fortschreiten der Krankheit verzögern, aber nicht dauerhaft stoppen.
Deshalb wird weiterhin an der Aufklärung der Mechanismen geforscht, die hinter der krankhaften Gewebsveränderung stehen. Ein Ansatz, der in der Abteilung Lung Repair and Regeneration (LRR) und dem Institut für Lungenbiologie (ILBD) des Helmholtz Zentrums München seit einigen Jahren intensiv verfolgt wird, zielt auf die Beeinflussung des sogenannten WNT-Signalwegs ab. So ist bereits bekannt, dass das Signalmolekül WNT5A dafür verantwortlich ist, die Vermehrung der Bindegewebszellen in der Lunge anzuregen.
Nun stellte die Forschergruppe unter Leitung von Dr. Dr. Melanie Königshoff fest, dass sogenannte extrazelluläre Vesikel höchstwahrscheinlich ebenso am Krankheitsverlauf der IPF beteiligt sind. „Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um kleine Bläschen, die von Zellen freigesetzt werden und eine Vielzahl an Botenstoffen wie zum Beispiel Proteine und Nukleinsäuren beinhalten können“, erläutert Dr. Mareike Lehmann, eine Autorin der Studie. „Sie sind ein wichtiges Kommunikationsmittel zwischen verschiedenen Zellen und Organen und können dazu beitragen, dass die Stoffe zu komplett neuen Wirkungsorten gelangen.“
Ob und wie extrazelluläre Vesikel bei IPF eine Rolle spielen, war bislang unklar. „In der Studie konnten wir aufzeigen, dass bei Patienten mit IPF erhöhte Level an extrazellulären Vesikeln auftreten und diese wiederum als Träger für das WNT5A fungieren“ erklärt Erstautorin Aina Martin-Medina. „Diese Ergebnisse konnten wir auch im Versuchsmodell bestätigen“. Zudem konnten die Autoren zumindest in der Petrischale bereits zeigen, dass eine Reduzierung der Vesikel die Vernarbung des Gewebes mindert. In weiteren präklinischen Studien wollen die Forscher nun die Eignung der extrazellulären Vesikel als pharmakologische Biomarker sowie einen möglichen therapeutischen Ansatz prüfen.
Quelle: Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt