In Deutschland erleiden immer mehr Menschen eine akute Lungenembolie. Mehr schwerkranke Patienten könnten von einer frühen Auflösung des Lungenthrombus mit einem Medikament profitieren. Für stabile Patienten, die einen Blutgerinnungshemmer erhalten, kommt außerdem eine frühe Entlassung in Betracht. Dies belegen zwei Studien aus dem Centrum für Thrombose und Hämostase (CTH) und dem Zentrum für Kardiologie, Kardiologie I der Universitätsmedizin Mainz (siehe European Heart Journal, Online-Veröffentlichungen am 18.5.19 und 23.5.19) und liefern Hinweise für eine bessere Behandlung.
Eine akute Lungenembolie entsteht durch ein Blutgerinnsel, das sich zumeist in den Beinvenen bildet und von dort in die Lungenarterien eingeschwemmt wird. Die Patienten leiden an Atemnot und in schweren Fällen kann es zum Herz-Kreislaufversagen kommen. Ziel der Therapie ist es, den Thrombus möglichst schnell aufzulösen und neue Lungenembolien („Rezidive“) zu verhindern.
Die akute Lungenembolie gehört weltweit zu den häufigsten Todesursachen. In der ersten Mainzer Studie, der europaweit größten Erhebung zu diesem Krankheitsbild, wurden die Daten von rund 886.000 Patientinnen und Patienten, die zwischen 2005 und 2015 aufgrund einer Lungenembolie in Deutschland behandelt worden waren, analysiert (siehe European Heart Journal, Online-Veröffentlichungen am 18.5.19). Die Häufigkeit der Erkrankung ist in diesem Zeitraum angestiegen, vor allem bei älteren Patienten. Dagegen nahm der Anteil der Patienten, die nach einer akuten Lungenembolie im Krankenhaus starben, von 20 Prozent im Jahr 2005 auf rund 14 Prozent im Jahr 2015 ab. Dieses Ergebnis kann vermutlich weiter verbessert werden: Die Analyse zeigte nämlich, dass nur 23 Prozent der Patienten mit schwerer Lungenembolie und instabilen Kreislaufverhältnissen eine Thrombus-auflösende Therapie (Thrombolyse) erhielten.
„Die Ergebnisse unserer epidemiologischen Studie bestätigen, dass die akute Lungenembolie ein häufiges und potenziell lebensbedrohliches Krankheitsbild ist. Sie deuten ferner darauf hin, dass mehr schwer kranke Patienten mit Lungenembolie von einer Thrombus-auflösenden Therapie profitieren könnten“, so PD Dr. Mareike Lankeit, Juniorgruppenleiterin für Klinische Studien im CTH.
Nicht alle Patienten mit Lungenembolie sind schwer krank: Mehr als 95 Prozent sind zum Zeitpunkt der Diagnose stabil. Einige von ihnen kommen, insbesondere wenn sie eine gute Herz- und Lungenfunktion und keine schweren Begleiterkrankungen haben, für eine ambulante Behandlung in Frage. Die Mainzer „Home Treatment of Pulmonary Embolism“ (HoT-PE)-Studie untersuchte daher die Wirksamkeit und Sicherheit einer frühen Entlassung und ambulanten Behandlung sorgfältig ausgewählter Patienten, die mit einem oralen Gerinnungshemmer Rivaroxaban (XareltoTM) behandelt wurden (siehe European Heart Journal, Online-Veröffentlichungen am 23.5.19). An der HoT-PE nahmen Kliniken in sieben europäischen Ländern teil. Diese akademische Studie wurde von der Universitätsmedizin Mainz initiiert und geleitet. Sie wurde von der Bayer AG, dem Zulassungsinhaber für den Gerinnungshemmer, finanziell unterstützt.
Die Zwischenauswertung der ersten 525 Patienten zeigte, dass der primäre Endpunkt der Studie – eine symptomatische oder tödliche neue Thrombose oder Lungenembolie innerhalb der ersten drei Monate – lediglich bei drei Patienten (0,6 Prozent) auftrat. Damit war von einem positiven Ausgang der gesamten Studie mit mehr als 99,6 Prozent Sicherheit auszugehen; HoT-PE konnte somit vorzeitig mit einem positiven Ergebnis beendet werden. Todesfälle infolge der Lungenembolie oder der gerinnungshemmenden Therapie kamen nicht vor.
„Die Ergebnisse dieser Studie belegen, dass wir anhand der in HoT-PE getesteten Kriterien Patienten mit Lungenembolie und einem niedrigen Risiko sicher und zuverlässig als Kandidaten für eine frühe Entlassung und ambulante Behandlung identifizieren können“, so Univ.-Prof. Dr. Stavros Konstantinides, Ärztlicher Direktor des CTH und Leiter der Studie. „Dank dieser Strategie können die mit dem Krankenhausaufenthalt verbundenen Komplikationen vermieden und Behandlungskosten reduziert werden.“
Quelle: Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz