In jeder Zelle gibt es Tausende von Eiweißstoffen (Proteine), deren Aktivität und Lebensdauer reguliert werden muss, um den Lebenszyklus der Zelle von der Zellteilung bis zum Zelltod zu steuern. Das Hitzeschock-Protein Hsp90 nimmt hierbei eine zentrale Rolle ein. Hsp90 ist ein so genanntes Chaperon (eine Art Qualitätskontrolleur bzw. Anstandsdame), das die Qualität und Aktivität einer Vielzahl wichtiger Signalproteine prüft und steuert. Wenn die Zelle durch Hitze oder Sauerstoffmangel hohem Stress ausgesetzt ist, wird dieses Protein vermehrt hergestellt, um die Schäden für andere Proteine in Grenzen zu halten.
Wie komplex das Regelwerk einer Zelle ist, wird dadurch deutlich, dass auch Hsp90 wiederum von Partnerproteinen reguliert wird. Diese Regulation ist für den Organismus von fundamentaler Bedeutung, wie das Beispiel der Mukoviszidose (Zystischen Fibrose) zeigt, welche die häufigste erbliche Stoffwechselkrankheit in Europa darstellt. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass ein abnormal zähflüssiger Schleim in Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm gebildet wird, der die Bronchien und Verdauungswege verstopft. Atemnot, chronischer Husten, aber auch eine gestörte Verdauung und Infektanfälligkeit sind die Folgen.
Man wusste bereits, dass diese Erkrankung durch die Wechselwirkung zwischen Hsp90 und einem Partnerprotein namens Aha1 wesentlich verstärkt wird. Wie Aha1 Hsp90 in seiner Funktion beeinflusst, war bisher allerdings unklar. Hsp90 ist ein aus zwei identischen Untereinheiten symmetrisch zusammengesetztes Protein. Bisher wurde vermutet, dass beide Hälften auch symmetrisch arbeiten, für eine Aktivierung also zwei Aha1-Proteine gebraucht würden. Im Department Chemie der TU München gelang es nun einem Team von Biochemikern um Prof. Johannes Buchner in Kooperation mit der Gruppe von Prof. Horst Kessler den tatsächlichen Mechanismus der Aktivierung von Hsp90 durch sein Partnerprotein Aha1 aufzuklären. Ihre Ergebnisse publizierten sie in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Molecular Cell (2010, Band 37, Seite 344-354).
Überraschenderweise spielt hierbei der Bruch der Symmetrie in Hsp90 eine große Rolle: Der Aktivierungsmechanismus von Hsp90 durch Aha1 verläuft nämlich asymmetrisch! So reicht das Andocken eines einzelnen Aha1-Proteins an zwei Bindestellen eines Hsp90 bereits aus, um Hsp90 vollständig zu aktivieren. Die Kenntnis dieses Mechanismus könnte, so hoffen die Forscher, langfristig zur Entwicklung neuer Therapieansätze für Mukoviszidose, aber auch für andere Krankheiten wie Krebs führen.