Hierzulande brechen Grippeepidemien überwiegend im Winterhalbjahr aus. Dafür sind schon verschiedenste Erklärungsversuche herangezogen worden. So halten sich die meisten Menschen in der kälteren Jahreszeit vermehrt in geschlossenen Räumen auf und haben daher häufiger engen Kontakt miteinander, was Tröpfcheninfektionen erleichtern kann. Möglicherweise ist auch das menschliche Immunsystem im Winterhalbjahr – etwa aus Mangel an Sonnenlicht und Vitaminen – stärker geschwächt. Solche Theorien konnten bisher allerdings noch nicht wissenschaftlich bewiesen werden. Nun haben Wissenschaftler um den Virologen Peter Palese von der Mount Sinai School of Medicine in New York untersucht, welche Auswirkungen unterschiedliche Temperaturen und Luftfeuchtigkeiten auf die Verbreitung von Grippeviren haben könnten.
Wie die Fachzeitschrift PLoS Pathogens (Band 3(10), Seite e151, 2007) berichtet, infizierten die Forscher im Labor Meerschweinchen mit Grippeviren und setzten sie in einen Käfig neben gesunde Versuchstiere. Insgesamt gab es 20 Versuchsbedingungen mit unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit (20%, 35%, 50%, 65% sowie 80%) und verschiedenen Temperaturen (5°C, 20°C und 30° C), die kombiniert getestet wurden. Dabei wurde deutlich, dass sich die meisten gesunden Meerschweinchen (75-100%) bei einer relativ niedrigen Luftfeuchtigkeit von 20% bis 35% ansteckten, während sich bei einer Feuchtigkeit von 50% nur ein einziges Meerschweinchen mit Grippe infizierte. Bei einer Luftfeuchtigkeit von über 80% erfolgte schließlich gar keine Infektion mehr. Was die Temperatur angeht, erzielte das Grippevirus die höchste Ansteckungsrate (100%) erwartungsgemäß bei der niedrigsten Versuchstemperatur: um 5° C. Bei 30° C hingegen blieben die gesunden Meerschweinchen von der Grippe verschont.
Im Hinblick auf ihre Untersuchungsergebnisse führen die Forscher drei mögliche Mechanismen an, die erklären könnten, warum eine geringe Luftfeuchtigkeit die Verbreitung der Grippeviren fördern sollte: Im Winter führt das Einatmen von trockener Luft in überheizten Innenräumen zu einer Austrocknung der Schleimhäute in den oberen Atemwegen und setzt damit deren Selbstreinigungskraft herab, so dass es die Grippeviren noch leichter haben, in den Körper einzudringen und einen Menschen zu infizieren. Andererseits könnte aber auch das Virus an sich bei niedriger Luftfeuchte einfach überlebensfähiger sein. Außerdem dürfte die größere Verdunstung in trockener Luft auch dazu führen, dass mehr Tröpfchenkeime „flugfähig“ werden und damit aufgewirbelt und auch leichter eingeatmet werden können. Insofern sollte eine Erhöhung der Luftfeuchtigkeit in Gebäuden wie Kranken- oder auch Kaufhäusern das Ansteckungsrisiko für Grippe verringern, allerdings dürfte dies den Forschern zufolge gleichzeitig die Vermehrung anderer, ähnlich ungeliebter Keime fördern. Was eher helfen könnte, haben die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin schon vor kurzem einmal empfohlen. Das eigene „Mikroklima“ durch das Inhalieren einer einfachen Kochsalzlösung während der Wintermonate verbessern und damit die individuelle Infektabwehr steigern.