Forscher haben eine mögliche Ursache dafür gefunden, warum das gefährliche Vogelgrippevirus H5N1 nur sehr selten von Mensch zu Mensch übertragen wird. Während menschliche Influenzaviren bevorzugt Zellen der oberen Atemwege befallen, nisten sich die Erreger der Vogelgrippe vor allem in den tiefer liegenden, feinsten Lungenverästelungen ein, wie zwei Forschergruppen in den Fachjournalen Nature und Science berichten. Dies bedeutet, dass ein Infizierter das Virus weniger leicht durch Husten oder Niesen verbreiten könne, meinen die Wissenschaftler aus Japan, den Niederlanden und den USA. Menschen- und Vogelgrippeviren docken nämlich an leicht unterschiedlichen Molekülvarianten auf der Oberfläche von Atemwegzellen an, bestätigt die Arbeitsgruppe um Kyoko Shinya von der Universität von Wisconsin in Madison im britischen Fachblatt Nature. So komme beim Menschen die von den Vogelgrippe-Erregern bevorzugte Variante vor allem in den tiefer liegenden Lungenbläschen (Alveolen) vor. Dies könnte nach Ansicht der Forscher erklären, warum die H5N1- Übertragung von Mensch zu Mensch selten bleibt, obwohl sich der Erreger in den menschlichen Lungen gut vermehren kann.
Ähnlich sieht es auch bei Mäusen, Frettchen, Makaken und Hauskatzen aus, wie ein niederländisches Wissenschaftler-Team um Ab Osterhaus und Thijs Kuiken von der Erasmus-Universität Rotterdam in einer Online-Vorabveröffentlichung des Journals Science berichtet. Der Virenbefall nahm bei diesen Säugetierarten kontinuierlich vom tiefen Lungentrakt zur Luftröhre hin ab. Vor allem bei Katzen - und in geringerem Umfang auch bei Frettchen - ähnelt das Infektionsmuster demjenigen bei Menschen, schreiben die Niederländer. Diese Tiere seien daher vermutlich die besten Modellorganismen für H5N1- Infektionen bei Menschen. Sollte das Vogelgrippevirus allerdings durch Mutationen möglicherweise die Fähigkeit erlangen, Zellen in weiter oben liegenden Teilen der Atemwege zu befallen, dann könne dies ein entscheidender Schritt zu einer drohenden Pandemie sein, warnen die Forscher um Kyoko Shinya.
Quellen:
- Nature (2006), Vol. 440, Seite 435, DOI: 10.1038/440435a
- Science (2006), Online-Vorabveröffentlichung vom 23.3.06, DOI:10.1126/science.1125548