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Vom Atemgift zum Hoffnungsträger

Kohlenmonoxid ist nicht nur giftig – es kann auch Blutgefäße weiten, dadurch die Durchblutung bessern und blutdrucksenkend wirken. Worauf dieser Wirkmechanismus beruht, haben jetzt Biophysiker der Universität Jena und Pennsylvania herausgefunden.

Kohlenmonoxid (CO) ist ein heimtückisches link_0 - man kann es weder sehen, schmecken noch riechen. Wer es unbemerkt – zum Beispiel bei Schwelbränden oder aus Autoabgasen - einatmet, dem kann es das Leben kosten. Trotzdem sehen Mediziner und Grundlagenforscher in dem tödlichen Gas einen großen Hoffnungsträger für die Medizin. „Kohlendioxid wird im Körper selbst produziert und kann dort durchaus auch positive Wirkungen entfalten“, erläutert Prof. Dr. Stefan H. Heinemann, der einen Lehrstuhl für Biophysik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena innehat und derzeit eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe zum Thema CO aufbaut. CO, das beim Abbau des körpereigenen Blutfarbstoffs Hämoglobin frei wird, führt beispielsweise zur Weitung von Blutgefäßen, was die Durchblutung von inneren Organen, wie Leber oder Nieren, verbessern kann und blutdrucksenkend wirkt. Diese positiven Effekte sind erst seit relativ kurzer Zeit bekannt. Heinemann und seine Kollegen haben nun gemeinsam mit Wissenschaftlern der University of Pennsylvania erste Anhaltspunkte dafür gefunden, worauf diese Wirkung beruht. „Wir konnten zeigen, dass CO direkt an einen so genannten Ionenkanal bindet“, berichtet Heinemann. Ionenkanäle stellen verschließbare Poren in Zellmembranen dar, durch die geladene Teilchen (so genannte Ionen) selektiv entweder in die Zelle hinein- oder aber hinaustransportiert werden können. Nur auf bestimmte Signale hin öffnen sich diese Kanäle und lassen bestimmte Ionen passieren. Das gilt auch für den Kanal, an den CO binden kann: Wenn CO andockt, öffnet sich der Kanal und lässt Kalium-Ionen aus den Zellen ausfließen. In den Zellen von Blutgefäßen, wo diese Ionenkanäle vorkommen, führt der Kaliumausstrom dann zu einer Erschlaffung der Gefäßwände.

Mit ihren Ergebnissen, die in den Fachzeitschriften Nature Structural and Molecular Biology (2008, Band 15, Seite 403-410) und (2008, Band 105, Seite 4039-4043) Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurden, haben die Forscher aus Jena und Philadelphia unter ihren Fachkollegen für Aufsehen gesorgt. „Hier eröffnet sich ein ganz neues Forschungsgebiet“, schwärmt Heinemann, der dieses Thema in den kommenden Jahren von Jena aus noch intensiver bearbeiten will. Dazu hat sich mittlerweile eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe gebildet, an der neben Heinemanns Team auch Chemiker und Biochemiker der Uni Jena und des Instituts für Photonische Technologien (IPHT) sowie Neurologen und Intensivmediziner des Jenaer Uniklinikums beteiligt sind. „Uns interessiert zum Beispiel die Frage, wie die räumliche Strukturänderung (Konformationsänderung) des Ionenkanals aussieht, die CO durch seine Bindung an den Kanal auslöst“, erläutert Prof. Heinemann. Auch der Frage, unter welchen Bedingungen CO im Körper entsteht, wollen die Forscher nachgehen. Ihrer Ansicht nach birgt das Wissen um die Wirkungen von CO ein großes Potenzial für die klinische Anwendung. „Wie aus Tierversuchen hervorgeht, nimmt CO auch Einfluss auf das Immunsystem“, so Heinemann. Beispielsweise hat sich gezeigt, dass das Gas die Abstoßung von Organtransplantaten verringern kann (siehe www.lungenaerzte-im-netz.de/lin/linaktuell/show.php3. Ob dieser Effekt ebenfalls auf der jetzt entdeckten Wechselwirkung von CO mit Ionenkanälen zurückzuführen ist, bleibt aber noch zu klären.