Mütter, die sich während der Schwangerschaft mit ausreichend Vitamin E versorgen, können offenbar dazu beitragen, das Risiko ihres Kindes für Asthma bronchiale zu senken. So bekommen Schwangere mit zu niedrigem Vitamin-E-Spiegel fünf Mal häufiger Kinder, die in späteren Jahren asthmatische Beschwerden entwickeln. Zu diesem Ergebnis, das in der Fachzeitschrift American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlicht wurde, kommen schottische Forscher um Dr. Graham Devereux von der “University of Aberdeen”. Das Wissenschaftlerteam hatte bereits in einer früheren Untersuchung festgestellt, dass Kinder im Alter von zwei Jahren vermehrt unter asthmatypischen Beschwerden wie Keuchen („wheezing“) litten, wenn die Ernährung ihrer Mütter während der Schwangerschaft zu wenig Vitamin E enthalten hatte. Dieselben Kinder konnte das Forscherteam nun bis ins Alter von 5 Jahren weiterhin beobachten. Dabei zeichnete sich ab, dass sich die Neigung zu Asthma bei den vorgeburtlich mit Vitamin E unterversorgten Kindern im weiteren Verlauf der Kindheit noch verstärkt. Umgekehrt lässt sich beobachten, dass sich bei einer vorgeburtlich optimaleren Versorgung die Lungenfunktionsuntersuchung (Spirometrie) der Kinder verbessert – und zwar steigerte sich für jede Mengeneinheit Vitamin E (μg/ml alpha-Tocopherol) die Lungenfunktion (gemessen am ausatembaren Lungenvolumen, der so genannten Einsekundenkapazität FEV1 ) um 7 ml.
Bereits 16 Wochen nach der Empfängnis sind die Lungen eines im Mutterleib heranwachsenden Kindes voll entwickelt. Ob die Mutter bis dahin ausreichend Vitamin E zu sich genommen hat, ist daher für die spätere Lungenfunktion des Kindes entscheidend. „Unsere Studienergebnisse lassen darüber hinaus vermuten, dass Vitamin E nicht nur die Lungenfunktion sondern auch Entzündungsprozesse in den Atemwegen eines Kindes beeinflussen kann“, erläutert Devereux. „Wobei sich die Vitaminwirkung im Lauf der Schwangerschaft aber verändert: Während in den ersten Schwangerschaftsmonaten die Entwicklung der Lungenfunktion betroffen ist, scheint sich das Vitamin gegen Ende der Schwangerschaft auf allergisch oder asthmatisch bedingte, entzündliche Veränderungen in den Atemwegen auswirken zu können.“ Als nächstes soll untersucht werden, ob eine Nahrungsergänzung mit Vitamin E-Tabletten bei Schwangeren von Nutzen sein könnte. Insofern lassen sich jetzt noch keine Empfehlungen bezüglich einer Vitaminbehandlung während der Schwangerschaft aussprechen. Vielmehr raten die Wissenschaftler schwangeren Frauen, sich möglichst gesund und ausgewogen zu ernähren – anstatt auf Vitaminpillen zu setzen. Vitamin E ist vor allem in pflanzlichen Ölen (aus Sonnenblumen, Raps und Mais), Margarine, Weizenkeimen, Nüssen und Sonneblumenkernen enthalten, außerdem in geringeren Mengen auch in fettem Fisch und grünem Blattgemüse (Spinat, Kohl). Möglicherweise könne der in den letzten Jahrzehnten zu beobachtende und von Ernährungswissenschaftlern oft beklagte Trend hin zu einer qualitativ schlechteren, vitaminarmen Ernährung auch dazu beigetragen haben, dass die Häufigkeit von Asthma bei Kindern angestiegen ist, meint Devereux.
Quelle: American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine (2006), Band 174, Seite 499-507
Zusammenfassung (abstract)