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Versteckspiel von Schimmelpilzen in der Lunge aufgedeckt

Heidelberger Wissenschaftler haben entdeckt, dass Schimmelpilze sich mittels Biofilmen gegen die körpereigene Abwehr und Medikamente schützen. Das könnte weit reichende Konsequenzen für die Therapie von Patienten mit geschwächter Immunabwehr haben.

Jährlich sterben in Deutschland circa 2.500 Menschen mit geschwächtem Immunsystem an einer Infektion mit dem Schimmelpilz Aspergillus fumigatus. Für gesunde Menschen ist dieser Erreger dank eines funktionsfähigen Immunsystems in der Regel harmlos, selbst wenn sie täglich eine Vielzahl seiner Pilzsporen einatmen. Aspergillus fumigatus gehört nämlich zu den am weitesten verbreiteten Arten auf der Erde überhaupt - er kommt sowohl im Eis der Antarktis als auch in der Sahara vor. Gefährlich wird der Schimmelpilz allerdings für Patienten, die ein geschwächtes Immunsystem haben, wie beispielsweise Krebskranke, HIV-Infizierte und Patienten mit angeborenen Immundefekten. Auch Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen, wie die Cystische Fibrose (Mukoviszidose), leiden oft unter den Pilzinfektionen, weil der zähflüssige Schleim in ihren Bronchien nur schwer abtransportiert werden kann und daher einen guten Nährboden für Krankheitserreger darstellt. Bei manchen Menschen löst der Erreger sogar Asthma aus, selten kann es auch zu einem so genannten Aspergillom kommen - einem Pilzball, der sich in der Lunge oder in den Nasennebenhöhlen einnistet.

Bakterien und Hefepilze können in der Lunge einen Biofilm ausbilden, der sie wie ein Schutzwall für die körpereigene Abwehr sowie für Medikamente unerreichbar macht. Dass auch Schimmelpilze sich auf diese Weise den Bekämpfungsmaßnahmen entziehen können, hat jetzt die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Frank-Michael Müller vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg aufgezeigt und in zwei wissenschaftlichen Arbeiten publiziert.

Medikamente, die Patienten mit einer geschwächten Immunabwehr vor einer Infektion mit dem Schimmelpilz Aspergillus fumigatus schützen sollen, sind zwar zunächst wirksam, dann aber scheinen die Wirkstoffe plötzlich zu versagen. So erkranken die betroffenen Patienten innerhalb weniger Tage schwer, mitunter ist der Verlauf sogar tödlich. „Die Pilze halten sich an keinerlei anatomische Barriere mehr, können invasiv in das Lungengewebe wachsen“, berichtet Professor Dr. Frank-Michael Müller, Oberarzt für Pädiatrische Pneumologie am Heidelberger Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin. Betroffen sind z.B. Tumorpatienten, deren körpereigene Abwehrkräfte durch Medikamente vor einer Chemotherapie oder Stammzelltransplantation unterdrückt werden.

Laborversuche mit menschlichen Lungenzellen haben nun gezeigt, dass die Schimmelpilze Biofilme ausbilden, in denen sie wie in einem Kokon ungestört existieren können. Die Biofilme ähneln einer Schleimschicht und bestehen hauptsächlich aus Wasser, in dem Nährstoffe wie Zuckermoleküle und Eiweiße gelöst sind. „Unsere Ergebnisse stammen aus Zellkulturen. Ob die Biofilmbildung tatsächlich für das Scheitern von medikamentösen Therapien bei Patienten verantwortlich ist, müssen weitere Untersuchungen noch zeigen“, erklärt Müller. Dazu wollen die Wissenschaftler unter anderem Gewebeproben untersuchen, die bei Operationen der Lunge entnommen wurden. Bestätigt sich der Verdacht, könnte das weit reichende Konsequenzen für die Therapie von Patienten mit geschwächter Immunabwehr haben. „Möglicherweise wird man die Medikamente gegen Pilze noch früher geben oder Wirkstoffe entwickeln müssen, die die Biofilmbildung verhindern“, erläutert Müller.