Ob und wie der "nasale High flow", eine nicht-invasive Beatmungsmöglichkeit ohne Maske, das Leben von COPD-Patienten im fortgeschrittenen Stadium erleichtern kann, wird ab dem kommenden Jahr in einer deutschlandweiten Studie unter Leitung von Prof. Hubert Wirtz, Leiter der Abteilung für Pneumologie am Universitätsklinikum Leipzig, und Dr. Jens Bräunlich, ehemaliger Oberarzt am UKL und nun Chefarzt der Inneren Medizin am Klinikum Emden, untersucht.
Die Studie mit mindestens 700 Patienten an 25 Zentren in Deutschland soll zeigen, wie sich der Einsatz von „nasalem High flow" in akuten Situationen eignet. Im Gegensatz zu bereits etablierten Beatmungsmöglichkeiten müssen Patienten hier beispielsweise keine Atemmaske tragen, was ihren Handlungsspielraum erweitert. Die Studie ist Teil des Förderprogramms „Klinische Studien" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und muss nur noch formell von der Ethikkommission geprüft werden. Start ist im März 2020. Die Fördersumme beträgt drei Millionen Euro.
Beim „nasalen High flow" tragen Patienten keine Atemmaske, sondern erhalten Sonden in die Nasenlöcher. Eine kleine Maschine bläst mittels einer Turbine 20 bis 60 Liter Luft pro Minute durch die Sonde. Diese besitzt einen größeren Durchmesser als die üblichen Sauerstoff-Sonden. „Die eingeführte Luft ist dank ausgeklügelter Technik ausgewogen befeuchtet und temperiert und wird kurz vor dem Taupunkt in die Nase eingeführt, denn es darf keinen Unterschied zur Körpertemperatur in der Nase geben", erläutert Prof. Wirtz die Wirkungsweise. Die Technik erlaube dabei auch die präzise Regulierung des Sauerstoffgehalts, erklärt er. So atme der Patient entweder normale Raumluft oder Luft mit deutlich höherem Sauerstoffanteil.
„Beim normalen Ein- und Ausatmen atmen wir immer auch einen gewissen Anteil von gebrauchter Luft ein, was bei gesunden Menschen kein Problem für die Lunge darstellt", erläutert Prof. Wirtz weiter. Für Lungenkranke stellt die Kombination aus „gebrauchter Luft" und „Totraum" jedoch ein Problem dar. Der so genannte Totraum umfasst Bereiche auf dem Weg der Luft in die Lunge, in denen kein Gasaustausch stattfindet, wie zum Beispiel die Luftröhre.
Mit der neuen Technik, so UKL-Experte Wirtz, verringere sich der Anteil des Totraums, zudem verhindere sie das Einatmen von gebrauchter Luft. Der starke Luftfluss von bis zu 60 Litern je Minute spült dabei ständig die oberen Atemwege durch und wäscht so das Kohlendioxid aus dem Körper. „Bei Lungenkranken wird die Atmung dadurch effizienter. Man erspart der Lunge regelrecht Arbeit", erläutert der Pneumologe. „Das tut den Patienten gut." Weil diese dabei keine Maske anhaben müssten, könnten sie ein solches Gerät am Tag länger tragen und anwenden. „Den Patienten ist es möglich, währenddessen zu reden, zu essen und zu trinken", beschreibt Prof. Wirtz die Vorteile.
Erste Studien auf diesem Gebiet haben ergeben, dass sich die nicht-invasive Beatmung mit Maske oder durch „nasalen High flow" bei starker COPD etwa gleich gut auswirken. Die neue Studie soll diese Ergebnisse oder eventuell sogar die Vorteile der maskenfreien Beatmung bestätigen. Als Co-Studienleiter steht Prof. Hubert Wirtz sein bisheriger Oberarzt Dr. Jens Bräunlich zur Seite, trotz seines Anfang Juni erfolgten Wechsels als Chefarzt an das Klinikum Emden.
Quelle: Universitätsklinikum Leipzig