Patienten mit unklaren Lungen- und Atemwegsymptomen werden heute zunehmend zur Spiral-Computertomographie überwiesen. Dabei entdecken die Ärzte oft verdächtige einzelne Knoten in der Lunge. Erfreulicherweise verbirgt sich hinter diesen so genannten Rundherden meist keine bösartige Veränderung. Jedoch ist es bei Verdacht auf eine so schwere Erkrankung wie Lungenkrebs unbedingt nötig, den Befund sicher abzuklären.
Forscher um Ruprecht Kuner und Holger Sültmann aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum, dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg sowie der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg suchen nach Biomarkern, die Ärzten Hinweise auf die Natur solcher Gewebeveränderungen geben können. Ihre Hypothese ist, in der direkten Umgebung des verdächtigen Knotens Zellen zu finden, deren veränderte Genaktivität auf einen bösartigen Tumor hinweisen könnte. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal Journal of Thoracic Oncology (2012, Band 7(6), Seite 1001-1008) berichten, untersuchten sie Bronchialabstriche von insgesamt 71 Patienten mit verdächtigen Knoten. Die Abstriche – Zellen und Bronchialflüssigkeit aus der unmittelbaren Nähe des verdächtigen Herdes – entnahmen sie während der aus medizinischen Gründen notwendigen Bronchoskopie (Lungenspiegelung). Ein solcher Abstrich mit einem winzigen runden Bürstchen ist für den Patienten weniger belastend als eine operative Gewebeentnahme. Als Kontrolle dienten Abstriche aus dem Lungenflügel ohne Befund.
Insgesamt vier Gene, die in vielen Krebserkrankungen eine Rolle spielen, wiesen in Proben aus der Umgebung von Lungenkrebs eine deutlich höhere Aktivität auf als in Abstrichen aus der Nähe von Rundherden, die sich als harmlos herausstellten. Die deutlichste Assoziation mit Lungenkrebs beobachteten die Forscher beim Gen für das Glykoprotein Tenascin-C. Im gesunden Organismus erscheint Tenascin-C hauptsächlich während der Embryonalentwicklung, wird aber bei manchen Krebserkrankungen auch in der Umgebung des Tumors gefunden. „In den Abstrichen des befundfreien Lungenflügels unterschied sich die Aktivität des Tenascin-C-Gens zwischen Studienteilnehmern mit gut- und bösartigen Knoten dagegen kaum“, erklärt Ruprecht Kuner. „Daher kann eine starke Aktivierung von Tenascin-C ein deutlicher Hinweis darauf sein, dass eine bösartige Veränderung vorliegt.“ Die Vorhersagekraft der Tenascin-Genaktivität ließ sich durch die Kombination mit klinischen Parametern wie etwa der Größe des Knotens weiter steigern. Die Forscher planen nun, die Zuverlässigkeit des Biomarkers an einer größeren Gruppe von Patienten abzusichern.
Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum