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Undercover im Kampf gegen Tuberkulose

Tuberkulose-Bakterien sind medikamentös schwer zu bekämpfen, da ihre Zellwand (eine Mykomembran) für Wirkstoffe wenig durchlässig ist. Jetzt wurde ein neuartiger Hemmstoff entdeckt, der Schlüsselenzyme der Mykomembran-Biosynthese blockiert und die Wirkung konventioneller Antibiotika ganz erheblich steigert.

Tuberkulose ist eine der am weitesten verbreiteten, lebensgefährlichen Infektionskrankheiten. Nicht nur Antibiotika-Resistenzen bereiten bei der Behandlung Schwierigkeiten, sondern auch die nur wenig durchlässige Mykomembran der Erreger, die die Wirksamkeit vieler Pharmaka einschränkt. Auf der Suche nach neuartigen Antibiotika haben jetzt Forscher der Technischen Universität (TU) München in Garching, der Harvard T.H. Chan School of Public Health und der Harvard Medical School in Boston und der Texas A&M University (alle USA) ein Strukturanalogon von Mykolsäuren, den essentiellen Membranbausteinen, entwickelt. Dieser Wirkstoff hemmt Schlüsselenzyme der Mykomembran-Biosynthese und steigert die Wirkung konventioneller Antibiotika ganz erheblich (siehe Angewandte Chemie, Online-Veröffentlichung am 5.12.2017).

Bei der Mykomembran des Tuberkulose-Erregers, Mycobacterium tuberculosis, handelt es sich um eine Lipid-Doppelschicht, die eine äußere Barriere bildet. Entscheidende Bausteine sind die Mykolsäuren (verzweigte ?-Hydroxy-Fettsäuren mit zwei langen Kohlenwasserstoffketten). Während der Biosynthese und der Einbettung der Mykolsäuren in die Mykomembran spielen eine Reihe enzymatischer Schritte eine entscheidende Rolle, bei denen die Mykolsäuremoleküle mit Esterbindungen an Seringruppen verschiedener Enzyme gebunden vorliegen.

Die Wissenschaftler um Stephan A. Sieber von der TU Garching und und Eric J. Rubin von der Harvard TH Chan School of Public Health in Boston vermuteten, dass Verbindungen, die sich als Mykolsäure tarnen, ebenfalls an diese Enzyme binden, diese blockieren und so die Biosynthese der Mykomembranen verhindern (infiltrieren) könnten. Ihre Wahl fiel auf die Gruppe der ?-Laktone (gespannte Vierringe mit einer internen Esterbindung). Bei einer Ringöffnung entsteht eine Struktur, die dem Molekülteil der Mykolsäuren entspricht, der an die Enzyme bindet. Das Forscherteam testete eine breite Palette verschiedener ?-Laktone auf anti-mykobakterielle Aktivität und konnte einen Volltreffer landen: Eine Verbindung namens EZ120 hemmt die Biosynthese der Mykomembran und tötet Mykobakterien ab.

Durch Enzymtests und massenspektrometrische Untersuchungen unter Zusatz spezieller 13C-markierter Substrate (sog. Metaboliten-Profiling) konnten die Wissenschaftler zeigen, dass der neue Hemmstoff vor allem die Enzyme Pks13 und Ag85 blockiert.

Der neue Hemmstoff EZ120 wirkt bereits in geringer Dosis, kann hervorragend in Tuberkulosezellen eindringen und zeigt nur eine geringe Toxizität gegenüber humanen Zellen. Eine gemeinsame Verabreichung mit dem bereits zugelassenen Antibiotikum Vancomycin steigert die Wirksamkeit beider Einzelsubstanzen erheblich. So ist EZ120 in der Kombination mit Vancomycin etwa 100-mal wirksamer – vermutlich weil es durch die Schwächung der Mykomembran leichter in die Bakterien eindringen kann. Dies, und die Tatsache, dass mehrere zelluläre Ziele erfasst werden, könnte ein Ansatzpunkt für neuartige Tuberkulose-Therapien sein.

Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.