Angesichts der europaweit steigenden Zahl von Influenza-Erkrankungen dürfte auch Deutschland bald von einer Grippewelle erfasst werden. Nach Angaben des europäischen Influenza-Überwachungsnetzwerks EISS (European Surveillance Scheme) werden Österreich und Bulgarien derzeit von einer starken Grippewelle heimgesucht. In der Schweiz meldete das Bundesamt für Gesundheit, dass die Schwelle zur Epidemie überschritten worden sei. Von einer steigenden Influenzaaktivität sind laut EISS auch England, Frankreich, Ungarn, Irland, Nordirland, Italien, die Niederlande, Portugal, Slowenien, Spanien und Luxembourg betroffen. „Die Situation gerade in unseren südlichen Nachbarländern Österreich und der Schweiz deutet darauf hin, dass wir in Kürze mit einem Überschwappen der Grippewelle auf Deutschland rechnen müssen“, erklärt Dr. med. Michael Barczok, Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Pneumologen (BdP). „In Baden-Württemberg wurde bereits ein Anstieg bei Atemwegserkrankungen und eine erhöhte Viruszirkulation registriert. Einen genauen Zeitplan, wann es auch bei uns losgeht, gibt es leider nicht. Aber es könnte ähnlich kommen wie im vergangenen Jahr, als die Grippewelle Deutschland Anfang Februar erfasste“, vermutet der niedergelassene Lungenfacharzt aus Ulm. „Auch damals war mit Baden-Württemberg und Bayern der Süden Deutschlands als erstes betroffen.“ Einen wirksamen Schutz vor der echten Virusgrippe bietet die Grippe-Impfung. „Wir empfehlen die Impfung, weil eine Influenza-Infektion selbst bei gesunden Menschen zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann. Für ältere Menschen und chronisch Kranke ist der Grippeschutz unbedingt anzuraten“, betont Barczok. „Für jeden, der noch nicht geimpft ist, und sich jetzt noch vor einer Influenza-Infektion schützen will, bleibt angesichts der vermutlich kurz bevorstehenden Grippewelle nicht mehr viel Zeit. Nach der Impfung dauert es 10 bis 14 Tage bis der Organismus einen wirksamen Immunschutz aufgebaut hat.“
Heftige Grippewelle in ÖsterreichIn Österreich hat das Institut für Virologie der Universität Wien den Ausbruch der diesjährigen Grippewelle bestätigt. Influenza-Infektionen wurden bereits aus acht österreichischen Bundesländern gemeldet. Besonders betroffen sind Wien, die Steiermark und Niederösterreich. „Das Gesundheitsamt in Graz berichtet von überfüllten Wartezimmern“, so Barczok. „Auch sind in diesem Jahr offenbar besonders viele Kinder und Jugendliche von der Grippe betroffen. In Kärnten mussten sogar Schulen geschlossen werden, weil ein Drittel der Kinder erkrankt sind. Dies gibt uns einen Vorgeschmack darauf, was in den nächsten Wochen auch auf uns zukommen könnte.“ Für Österreich erwarten die Experten einen weiteren starken Anstieg der Erkrankungszahlen. Das Institut für Sozialmedizin der Universität Wien rechnet landesweit mit hunderttausenden Influenza-Infektionen. Verantwortlich für die derzeitige Grippewelle in Österreich ist das Influenza A-Virus H1N1. Es wurde in den meisten der untersuchten Proben nachgewiesen. „Es handelt sich um ein aggressives Virus, das oft ernstzunehmende Komplikationen, vor allem schwere Lungenentzündungen, verursacht“, erläutert der Generaldirektor für öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministerium, Prof. Dr. Hubert Hrabcik. Er befürchtet deshalb, dass es in diesem Winter zu mehr Todesfällen durch die Grippewelle kommen könnte als in durchschnittlichen Jahren. In Österreich sterben jedes Jahr rund 3.000 Menschen an den Folgen einer Influenza-Infektion, in Deutschland sind es durchschnittlich 7.000 bis 8.000.