Durch den ständigen Kontakt mit der Umwelt beim Atmen sind alle Organe des Atemtraktes – beginnend mit der Nase bis tief hinein in die Lunge - ständig mit einer Vielzahl von Bakterien und Viren konfrontiert. Glaubte man früher, dass die Lunge keimfrei sei, ist dies längst widerlegt. „Infekte können zu akuten Verschlechterungen bei Asthma, so genannten Exazerbationen führen. Die häufigsten Erreger sind Viren, hier insbesondere die Rhinoviren, also Schnupfenviren. Virusinfekte sind aber auch Wegbereiter für bakterielle Infektionen“, erläuterte Felix Wantke vom Allergieambulatorium Floridsdorf in Wien auf der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖPG) in Salzburg.
In einer erst vor kurzem erschienenen wissenschaftlichen Studie wurden beispielsweise 308 Kinder zwischen vier und zwölf Jahren, davon 166 Asthmatiker, wöchentlich auf das Vorhandensein von bakteriellen Keimen in der Nase untersucht. Ebenso gab es Tests auf Virusinfektionen. Dies wurde mit dem Status der chronischen Asthmaerkrankung verglichen. Das Ergebnis: Haemophilus influenzae-Bakterien fanden sich in 53 Prozent, Streptokokken in 17 Prozent und Moraxella catharrhalis-Keime in elf Prozent der Nasenabstriche. „Bei einer vorliegenden Rhinoviren-Infektion stieg die Häufigkeit gleichzeitig feststellbarer Bakterien signifikant an. Streptokokken- und Moraxella-Infektionen führten zu einer Verschlechterung des Asthmas, ebenso Infektionen mit Rhinoviren“, berichtete Wantke.
Seit langem ist bekannt, dass beispielsweise Influenza-Infektionen zu einem stark erhöhten Risiko nachfolgender bakterieller Lungenentzündungen führen. Dies stellt eine schwerwiegende Komplikation dar. Das Problem: Es gibt bisher keine Möglichkeiten, Rhinoviren-Infektionen zu verhindern oder ursächlich zu behandeln. An Mäusen wurden zwar schon Antikörper zur Blockade eines Rezeptors für Influenza- und andere Viren erprobt, ob dies aber auch beim Menschen umsetzbar ist, ist noch nicht bekannt.
Wie komplex das Keim-Spektrum in den Atemwegen ist, hat auch ein Forscherteam um Markus Hilty vom Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten belegt. Demnach ist die Atemwegsschleimhaut mit hunderten verschiedenen Bakterienarten besiedelt. Dabei lässt sich nachweisen, dass sich die Keimarten in den einzelnen Etagen, zum Beispiel im Vergleich von Nase und Bronchien, unterschieden. Das Spektrum verändert sich auch durch überstandene Infektionen mit erfolgter Antibiotikatherapie oder infolge von Impfungen.
„Wir beginnen auch immer besser zu verstehen, dass man es bei einer Infektionskrankheit oft nicht nur mit einem Erreger zu tun hat. Die ganze Besiedelung mit Mikroorganismen spielt eine wichtige Rolle“, so Hilty. Durchgeführte Antibiotikatherapien nach bakteriellen Infektionen verändern zum Beispiel über längere Zeit hinweg durch den ausgeübten Selektionsdruck die Bakterien-Landschaft in den Atemwegen. Die Impfung gegen Pneumokokken ist für Kinder und für ältere Menschen fraglos wichtig. Es hat sich allerdings auch gezeigt, dass an die Stelle der Pneumokokken-Arten, gegen welche die Vakzine schützen, andere Erreger treten. Sie besetzen offenbar die frei gewordenen Nischen der bekämpften Pneumokokken.
Hilty und sein Team haben beispielsweise bereits vor Jahren die Keimbesiedelung jeweils auf drei Etagen der Atemwege bei 43 Probanden mit Asthma, chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) bzw. ohne eine solche Vorbelastung untersucht (siehe PloS One, am 5.1.2010). Es zeigte sich, dass sie mit rund 2.000 Bakterien pro Quadratzentimeter Oberfläche besiedelt waren. Hämophilus-Bakterien fanden sich dabei viel häufiger bei Erwachsenen mit Asthma oder COPD als bei gesunden Probanden. Auch Kinder mit Asthma wiesen häufig diese oder ähnliche Keime auf. So genannte Bacteroidetes-Keime (z. B. Prevotella-Keime) wurden wiederum öfter bei den Probanden ohne Asthma oder COPD gefunden.
Quellen: APA, derStandard.at