Jeder vierte ambulant behandelte Patient leidet an Atemnot. Meist sind akute und chronische Lungenerkrankungen die Hauptursachen dafür. Untersuchungen zeigen, dass zahlreiche Menschen mit einer interstitiellen Lungenerkrankung (IDL) auch an Typ-2-Diabetes leiden. Atemnot und restriktive Lungenerkrankungen (RLD), bei denen - wie zum Beispiel bei Lungenfibrose – die Entfaltung der Lunge behindert ist, könnten auch eine späte Komplikation von Typ-2-Diabetes sein. Darauf deutet eine gemeinsame Studie von Forschern des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) am Universitätsklinikum Heidelberg hin (siehe Respiration, Online-Veröffentlichung am 11.7.2018).
Das Forscherteam, unter der Leitung von Dr. Stefan Kopf von der Klinik für Endokrinologie, Stoffwechsel, Diabetologie und klinische Chemie am Universitätsklinikum Heidelberg, untersuchte 110 Patienten mit einem langjährigen Typ-2-Diabetes, außerdem 29 Menschen mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes, 68 Patienten mit Prädiabetes und 48 Menschen ohne Diabetes auf Stoffwechselstörungen, diabetesbedingte Komplikationen, Atemnot und Lungenfunktion. Dabei zeigte sich, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes signifikant häufiger an Atemnot und restriktiven Lungenerkrankungen leiden als die Kontrollgruppe. 27 Prozent der Langzeit-Diabetes-Patienten waren an RLD erkrankt, bei Menschen mit einem neudiagnostiziertem Diabetes waren es 20 Prozent. Zudem konnte bei neun Prozent der Probanden mit Prädiabetes RLD festgestellt werden. Patienten mit ausgeprägter Symptomatik und RLD zeigten auch CT-morphologisch eine fibrosierende interstitielle Lungenerkrankung. Zudem wiesen Lungengewebe von Probanden mit und ohne Diabetes in der morphologischen Analyse Unterschiede auf. Patienten mit Diabetes hatten vermehrt Lungenfibrosen.
Darüber hinaus zeigte die Studie, dass RLD mit Albuminurie assoziiert ist. Bei dieser Erkrankung ist der Gehalt des Eiweißes Albumin im Urin erhöht. Dies kann ein Anzeichen dafür sein, dass Lungenerkrankungen und Nierenerkrankungen (Nephropathie) miteinander assoziiert sein können.
„Verstärkte Atemnot, RLD und interstitielle Lungenanomalien können mit Typ-2-Diabetes assoziiert sein“, fasst Stefan Kopf die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. „In dieser Studie lag die Prävalenz für RLD bei Patienten mit Diabetes zwischen 20 und 27 Prozent. Außerdem deuten die radiologischen und histologischen Analysen auf eine Assoziation mit fibrosierenden, d.h. vernarbenden interstitiellen Lungenanomalien hin“, ergänzt Prof. Dr. med. Hans-Ulrich Kauczor, Ärztlicher Direktor der Diagnostischen und Interventionellen Radiologie am Universitätsklinikum Heidelberg.
„Die aktuelle Untersuchung sowie Erkenntnisse aus Tierversuchen zeigen einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen restriktiven Lungenerkrankungen und Diabetes mellitus“, erläutert Prof. Dr. med. Michael Kreuter, Leiter des Zentrums für seltene und interstitielle Lungenerkrankung an der Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg. „Wir vermuten daher, dass manche Lungenerkrankungen eine späte Folge von Typ-2-Diabetes sein können“, erläutert Letzt-Autor Prof. Dr. med. Peter P. Nawroth. Ärztlicher Direktor der Abteilung Endokrinologie, Stoffwechsel und Klinische Chemie am Universitätsklinikum Heidelberg sowie Assoziierter Partner des DZD. Patienten mit Diabetes, Nephropathie und Atemnot sollten sich deshalb regelmäßig auf RLD untersuchen lassen.
Quelle: Deutsches Zentrum für Diabetesforschung