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Tuberkulose-Erreger ausgetrickst

Die zunehmende Entwicklung von Resistenzen gegen Antibiotika ist insbesondere auch bei der Therapie von Tuberkulose problematisch. Jetzt sind Wissenschaftler von der ETH Zürich auf einen Aromastoff gestoßen, mit dem sich einer der pfiffigen Tricks der Tuberkulose-Erreger ausschalten lassen dürfte.

Das zunehmende Problem bei der Behandlung von Tuberkulose (Tb) sind die immer häufiger werdenden Resistenzen gegen viele der bisher eingesetzten Medikamente. So sind die Erreger der Tb, das Mycobacterium tuberculosis, bereits gegenüber den meisten der zur Verfügung stehenden Antibiotika unempfindlich (also resistent) geworden. Eine Ausnahme stellt noch das Antibiotikum Ethionamid dar, das allerdings in hohen Dosen die Leber schädigt. Außerdem hat der Tb-Erreger mittlerweile auch schon einen Weg gefunden, um dieses Antibiotikum auszutricksen: Sobald er sich in einer Zelle eingenistet hat, bildet er einen so genannten Repressor, mit dem er die Bildung eines bestimmten Enzyms blockiert, das die Zelle zur effektiven Bekämpfung der Tb-Bakterien benötigt. Erst mit Hilfe dieses Enzyms (EthA) kann die Zelle das Antibiotikum Ethionamid biochemisch so umzuwandeln, dass eine Substanz vorliegt, mit der sich die Tb-Erreger wirksam angreifen lassen. Fehlt das Enzym hingegen, kann Ethionamid seine Wirksamkeit nicht entfalten.

Jetzt ist es Forschern am Departement Biosysteme (D-BSSE) der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich in Basel gelungen, den Repressor EthR aus dem Verkehr zu ziehen. Ihre Arbeit wurde im Fachmagazin PNAS (2008, Band 105/29, Seite 9994-9998) veröffentlicht. Dabei sind die Wissenschaftler gänzlich per Zufall auf eine Substanz – namens 2-Phenylethyl-Butyrat - gestoßen, die den Repressor EthR offenbar blockieren kann. Auf diesem Weg sollte künftig die volle Wirksamkeit von Ethionamid wieder hergestellt werden können. Möglicherweise ließe sich das Medikament fortan sogar auch in kleineren Dosen und somit für die Patienten besser verträglich einsetzen. „Natürlich ist es ein Glücksfall, dass wir so rasch auf diesen Stoff gestoßen sind, aber das ist ein Vorteil der Synthetischen Biologie, gewisse Eigenschaften von Substanzen schneller und genauer bestimmen zu können“, berichtet Prof. Dr. Martin Fussenegger. „Dieser Aromastoff mit dem komplizierten Namen ist übrigens ein alltäglicher Lebensmittelzusatz und daher in vielen Ländern, darunter den USA, verbreitet.“ Da die Substanz zur Ernährung zugelassen und günstig ist, könnte sie schon bald auch am Menschen getestet werden. Vorab sucht Fussenegger für die klinischen Versuche an Mäusen, die zwischen 800.000 und 900.000 Franken kosten würden, aber noch einen Geldgeber. Weil die Industrie an Tuberkulose-Medikamenten leider wenig Interesse hat, könnte sich der ETH-Professor auch ein Engagement von privater Seite vorstellen.