Immer noch werden in Deutschland Tuberkulose-erkrankungen verspätet oder sogar erst nach dem Tod erkannt. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) anlässlich einer aktuellen Untersuchung des Instituts für Pathologie an der Ruhr-Universität Bochum hin, in der knapp 4000 Autopsieberichte von 1990 bis 2004 ausgewertet wurden. Den offiziellen Statistiken zufolge sterben in Deutschland jedes Jahr etwa 250 Menschen an einer Tuberkulose. „Die tatsächliche Zahl dürfte allerdings um einiges höher sein. Denn die bei Tuberkulose auftretenden Beschwerden sind teilweise nicht eindeutig, zumal die Erkrankung neben der Lunge auch viele andere Organe befallen kann“, erläutert Prof. Robert Loddenkemper, Generalsekretär des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose und Lungenfacharzt an der Lungenklinik Heckeshorn in Berlin. „Außerdem ist die Zahl der klinischen Obduktionen in den letzten Jahren stark rückläufig, so dass auch die Häufigkeit von Tuberkulosefällen, die erst nach dem Tod der Betroffenen erkannt werden, unbekannt ist.“ Die Wissenschafter des Pathologischen Institutes in Bochum haben festgestellt, dass nur bei einem Viertel der von ihnen untersuchten Todesfälle die Erkrankung bereits zu Lebzeiten erkannt worden war. Insgesamt wurde bei etwa der Hälfte der Untersuchten die Diagnosestellung einer aktiven Erkrankung versäumt. Demgegenüber fanden die Pathologen in dem von ihnen untersuchten Patientengut in ca. 4% der Fälle einen Hinweis auf eine aktive oder stattgefundene Tuberkuloseinfektion.
Eine Infektion kann ohne Beschwerden verlaufen
Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes sind im Jahr 2005 über 6000 Menschen in Deutschland an Tuberkulose erkrankt. Die Erkrankung wird durch Tröpfcheninfektion übertragen, das heißt an offener Lungentuberkulose erkrankte Patienten geben beim Husten, Sprechen, Singen oder Niesen feinste infektiöse Tröpfchenkerne mit bakteriellen Erregern (Mycobacterium tuberculosis) an die Luft ab, die dann von anderen eingeatmet werden können. Zu den Voraussetzungen für eine Infektion gehören eine gewisse Erregermenge, die ausreichende Dauer und Intensität des Kontaktes sowie eine entsprechende Empfänglichkeit der Kontaktperson. Insofern muss nicht jeder Kontakt zwangsläufig auch eine Ansteckung bedeuten. Andererseits werden einige Infektionen nicht erkannt, da die Krankheit nur dann ausbricht, wenn das Immunsystem anderweitig geschwächt ist. Durch die Bildung von so genannten Granulomen können infizierte Personen mit intaktem Immunsystem die Infektion eingrenzen, so dass sich das Bild einer „inaktiven (latenten) Infektion“ darstellt, welche zunächst keine Symptome verursacht. Dabei werden die Bakterien allerdings nur eingedämmt, meist aber nicht völlig abgetötet. So kann es auch noch Jahre nach einer Infektion zu einer „Reaktivierung“ kommen - das heißt zur Entwicklung einer behandlungsbedürftigen, aktiven Tuberkulose (Postprimärtuberkulose) -, wenn die komplizierten Regulationsmechanismen der Granulome zusammenbrechen, so dass sich die Erreger ungehemmt vermehren können. Das Risiko dafür ist in den ersten zwei Jahren nach einer Infektion am höchsten, insbesondere bei älteren Menschen.
Bei Symptomen ungeklärter Ursache am besten gleich zum Lungenfacharzt
„Bei anhaltendem Husten ungeklärter Ursache sollte man sich am besten direkt an einen Lungenfacharzt wenden“, empfiehlt Loddenkemper. „Nur wenn die Erkrankung schnell und korrekt diagnostiziert wird, können unnötige Verzögerungen bei der Einleitung einer geeigneten Therapie und weitere, eigentlich vermeidbare Ansteckungsfälle verhindert werden. Verdacht besteht zum Beispiel insbesondere, wenn ein Betroffener länger als drei Wochen ständig hustet und dabei stark an Gewicht verliert. Dann sollte er sich auf jeden Fall vom Lungenfacharzt untersuchen lassen, um abzuklären, ob eine Tuberkulose-Infektion vorliegt. Da es auch andere Erkrankungen gibt, die im Röntgenbild große Ähnlichkeit mit einem Tuberkuloseherd haben können, ist ein Nachweis der verursachenden Bakterien unerlässlich. Dies kann entweder durch eine bakteriologische Untersuchung des Sputums (Auswurf) des Betroffenen geschehen, oder - falls der Patient keinen produktiven Husten hat – einer Zellmaterialprobe, die mittels Lungenspiegelung (Bronchoskopie ) gewonnen wird. Bei einem positiven Befund werden dann weitere Untersuchungen durchgeführt, vor allem Röntgenaufnahmen des Brustkorbs, in unklaren Fällen auch eine Computertomografie (CT). Zur effektiven Behandlung der Erkrankung kommt eine Kombination mehrerer Antibiotika zum Einsatz, die der Patient konsequent über sechs Monate oder länger einnehmen sollte.“
Risikofaktoren meiden
Nur etwa 5% der Infizierten erkranken – insofern sie ein intaktes Immunsystem haben - an einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose. „Dennoch sollte man in der Gegenwart von ansteckenden tuberkulösen Patienten unbedingt einen Mundnasenschutz tragen. Demgegenüber sind Patienten mit verminderter Immunabwehr - zum Beispiel aufgrund einer HIV-Infektion, Tumorerkrankung, immunsuppressiven Therapie, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus etc.- erheblich stärker gefährdet“, erklärt Loddenkemper. Außerdem zählen hoher Alkoholkonsum und Tabakrauchen zu den Faktoren, die das Ansteckungsrisiko deutlich erhöhen. Grundsätzlich können auch Mangel- bzw. Unterernährung und schlechte hygienische Bedingungen eine Tuberkulose-Infektion begünstigen. Lesen Sie hier auf unserem Patienteninformationsportal www.lungenaerzte-im-netz.de weitere Informationen zur Vorbeugung und Behandlung von Tuberkulose.