Im Hinblick auf die teils zunehmende Armut in Deutschland ist nicht auszuschließen, dass die Zahl der Tuberkulosefälle in der Bundesrepublik wieder zunimmt. Darauf hat der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), Prof. Helmut Teschler, kürzlich auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Lübeck hingewiesen. „Denn die Tuberkulose ist nach wie vor eine Krankheit der Armut - schlechte Ernährung und beengte Wohnverhältnisse begünstigen ihre Ausbreitung“, betont Teschler. „Mit rund 5.500 Fällen im Jahr 2006 spielt die Tuberkulose in Deutschland derzeit zwar keine sehr große Rolle. Weltweites Reisen und Migration können eine Einschleppung aber begünstigen. Gefährlich wird das, wenn resistente und multiresistente Bakterienstämme nach Deutschland gelangen, die auf die gängigen Medikamente oder sogar auf Ausweichpräparate nicht mehr ansprechen.“
Innerhalb der EU weist Deutschland (mit einer Rate von 2,2%) bereits die drittgrößte Fallzahl an multiresistenter Tuberkulose (MDR-Tuberkulose, aus dem Englischen multi drug resistant, d.h. Resistenz gegenüber den beiden wichtigsten Tuberkulosemedikamenten Isoniazid und Rifampicin) nach Litauen und Lettland auf. Patienten, die aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion kommen, sind in 16,8% an einer MDR-Tuberkulose erkrankt, was die Situation in diesen Ländern widerspiegelt. „Dabei ist die Therapie der MDR-Tuberkulose nicht nur langwierig, schlecht verträglich und kostenintensiv - mit über 50.000 Euro sind die Medikamentenkosten allein etwa 40 Mal höher wie bei einer nicht-resistenten Tuberkulose“, berichtet Prof. Robert Loddenkemper, Generalsekretär des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. „Die Therapie der MDR-Tuberkulose ist darüber hinaus auch weit weniger erfolgreich – so werden in Deutschland derzeit nur 50-60% der Patienten endgültig geheilt. Insofern ist, neben der Entwicklung neuer Medikamente, auch ein Ausbau der Tuberkulose-Labordiagnostik mit neuen Verfahren, die Resistenzen schneller, sicherer und einfacher nachweisen können, äußerst wichtig, um eine gezielte Therapie durchführen zu können.“
Ein neuer, genetischer Schnelltest, mit dem sich veränderte Stämme des Tuberkuloseerregers und damit mögliche Resistenzen gegenüber Tuberkulose-Medikamenten innerhalb von 24 Stunden erkennen lassen, wurde vom Münchner Mediziner Andreas Färber im Rahmen seiner Dissertation an der Münchener Ludwigs-Maximillians-Universität entwickelt und auf dem DGP-Kongress vorgestellt. „Angesichts der zunehmenden Resistenzen der Tuberkuloseerreger gegenüber vielen Tuberkulose-Medikamenten spielt die Medikamentengruppe der Chinolone eine zunehmende Bedeutung bei der Behandlung von Tuberkulose“, erläutert Färber. „So werden Chinolone derzeit vor allem bei der Behandlung der multiresistenten Tuberkulosefälle (MDR-Tuberkulose) eingesetzt. Mit dem neuartigen Testverfahren, das auf der so genannten „Real Time PCR“ basiert, lassen sich Resistenzen gegen Chinolone mit hundertprozentiger Treffsicherheit und einer Empfindlichkeit von 85% nachweisen. Der Nachweis erfolgt entweder aus der Primärkultur oder direkt aus dem Sputum des Patienten und ist um einiges empfindlicher als durch Mikroskopie. Außerdem kann die schnelle Bestimmung von Resistenzen innerhalb eines Tages dem behandelnden Arzt entscheidende Hinweise für die Einleitung einer effektiven Therapie liefern. Bislang musste der Nachweis über Bakterienkulturen geschehen und dauerte sechs bis acht Wochen. Mit dem schnelleren Nachweis wird sich künftig verhindern lassen, dass Patienten womöglich über Wochen mit einem wirkungslosen Medikament behandelt werden.“