Viele Asthmatiker scheuen davor zurück, sich sportlich zu betätigen. Dabei ist Sport für Asthmatiker nicht nur erlaubt, sondern sogar ganz wichtig. Darauf machen die Lungenärzte der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) aufmerksam. „Theoretisch ist Sport für Asthmatiker zunächst ein Risiko, da körperliche Belastung eine verstärkte Atmung erfordert“, erklärt Josef Lecheler, ärztlicher Direktor des CJD Asthmazentrums Berchtesgaden. „Dabei krampfen sich durch Abtrocknung und Auskühlung die überempfindlichen Atemwege des Asthmatikers schnell zusammen.“ Andererseits benötigen die Atemmuskeln - wie andere Muskeln auch - ein gewisses Training, sonst nimmt ihre Leistung ab und dann kommen die Betroffnen schnell mit den Anstrengungen im Alltag nicht mehr zurecht.“
Belastbarkeit vorab vom Arzt einschätzen lassenBevor Asthmatiker mit einem sportlichen Training beginnen, ist ihnen ein Gespräch mit dem behandelnden Lungenfacharzt anzuraten. Der kann die Belastbarkeit des Patienten am besten einschätzen. Eine mögliche Einstiegsmöglichkeit kann dann zum Beispiel eine Asthmasportgruppe in einem Behinderten-Sportverein sein. „Dort kümmern sich speziell ausgebildete Übungsleiter um die Sportler“, berichtet Reinhard Schneider, Vorsitzender des Behinderten-Sportverbandes Nordrhein-Westfalen in Duisburg. Patienten mit gut kontrolliertem Asthma können sich auch auf eine Sportart spezialisieren. „Dabei muss sowohl die Sportart als auch die Intensität, mit der sie betrieben wird, stets an den Schweregrad der Erkrankung angepasst werden“, erläutert Julia Weißkirchen, Beraterin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) in Mönchengladbach.
Welche Sportart?Nicht zu intensive, dafür länger andauernde Belastungen sind für Asthmatiker besser geeignet als kurze, besonders intensive Belastungen. Wenig geeignet sind deshalb Sportarten, die in erster Linie auf Schnelligkeit oder Kraft setzen - wie Fußball mit häufigen Sprints. Demgegenüber lassen Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren oder Wandern, aber auch Tanzen und Inlineskating unterschiedliche Intensitäten und immer wieder Pausen zu. „Sehr gut geeignet ist Schwimmen, vor allem im Hallenbad“, betont Weißkirchen. „Dort ist der Patient keiner erhöhten Pollenkonzentration ausgesetzt, außerdem trocknen die Schleimhäute in der warmen, sehr feuchten Luft nicht aus.“ Bei der Wahl der Sportart muss allerdings auch beachtet werden: Welche individuellen Faktoren (Trigger) lösen das Asthma aus? „Das können neben Pollen auch bestimmte Umgebungsfaktoren sein, zum Beispiel nasskalte Witterung im Herbst“, erklärt Weißkirchen. Auch chemische Reizstoffe, Duftstoffe oder Luftschadstoffe wie Zigarettenrauch können eine Rolle spielen.
Erholungsphasen wichtigUnabhängig davon, für welche Sportart die Entscheidung fällt: Viele Asthmapatienten leiden auch unter Belastungs- bzw. Anstrengungsasthma. Deshalb sollte jede Trainingseinheit mit einem zehnminütigen Aufwärmen beginnen. Darin müssen sich Belastungs- und Entspannungsphasen abwechseln.
„Prinzipiell sollte die Dauer der Entspannungsphase doppelt so lang sein wie die der Belastungsphase“, erklärt Weißkirchen. „Außerdem muss das Training mit einer zehnminütigen Cooling-Down-Phase ausklingen.“ Bestimmte Atemtechniken wie die Lippenbremse sind dabei hilfreich. Dauer und Intensität des jeweiligen Trainings richten sich dabei immer auch nach der aktuellen Lungenfunktion des Betroffenen. Ansonsten gilt: „Je länger, umso besser - allerdings darf dabei nie die maximale Belastung erreicht werden“, warnt Lecheler. Regelmäßige Erholung ist sinnvoll. Spätestens wenn die Puste knapp wird, ist eine Pause angesagt. Ein bronchienerweiterndes Notfallspray sollte vorsichtshalber immer schnell zur Hand sein. Bei Infekten, Asthmakrisen oder schlechtem Allgemeinzustand ist Sport vorübergehend tabu.
Die Liste der durch ein kontrolliertes, regelmäßiges Sporttraining bewirkten, positiven Auswirkungen ist lang: „Die Atemmuskulatur wird trainiert: Die Atemtiefe wird erhöht und die Atemfrequenz verringert“, erläutert Behindertensport-Experte Schneider. Das stärkt die Atemwege nicht nur für die Anstrengungen des Alltags. Auch die Schwelle, von der an Beschwerden auftreten, wird erhöht. Außerdem wird die Selbstwahrnehmung verbessert: Die Symptome können besser eingeschätzt werden. „Dazu gehört sowohl die Erkenntnis, wo die eigenen Grenzen liegen, als auch die Erfahrung, dass der Asthmapatient trotz seiner Krankheit einiges leisten kann“, meint Schneider. Das sei enorm wichtig für das Selbstwertgefühl.
Noch kein flächendeckendes Netz an Sportgruppen in DeutschlandSieben bis zehn Prozent der Erwachsenen hierzulande leiden der Deutschen Atemwegsliga in Bad Lippspringe zufolge an Asthma. Ein flächendeckendes Netz an Asthmasportgruppen gibt es aber noch nicht. Viele Vereine des Deutschen Behinderten-Sportverbandes haben jedoch entsprechende Angebote. Auskünfte erteilt die Geschäftsstelle des jeweiligen Landesverbandes (Kontaktliste unter www.dbs-npc.de). In vielen Städten können Asthmatiker auch in so genannten Lungensportgruppen aktiv werden. Eine Übersicht gibt es unter www.lungensport.org. Über weitere regionale Angebote informieren Lungenfachärzte und Selbsthilfegruppen vor Ort. Ungewöhnliche sportliche Events und viele Fachinformationen bietet das Christliche Jugenddorfwerk (www.cjd-asthma.de).