Obwohl es unstrittig ist, dass der Mensch ohne Sauerstoff nicht leben kann, ist es für viele Patienten mit Lungenerkrankungen schwierig zu akzeptieren, dass sie dauerhaft Sauerstoff benötigen. Die Gabe von Sauerstoff über mindestens 16 Stunden am Tag (besser 24 Stunden) ist seit Jahren etabliert; viele Studien belegen den Nutzen.
Sauerstoff wird aus der Luft durch die Atmung in die Lungen transportiert, in das Blut aufgenommen und vom Herzen über die Blutgefäße an die Organe gepumpt. Wenn allerdings zu wenig Sauerstoff zur Verfügung steht, muss das Herz schneller arbeiten, um den wenigen Sauerstoff schneller zu transportieren. Es entsteht in der Lunge ein erhöhter Gefäßwiderstand, gegen den das Herz anpumpen muss. Das Herz versagt irgendwann, wenn es ständig diese zusätzliche Last bewältigen muss. Der Patient merkt dies daran, dass sich Wasser in den Beinen und Füßen ansammelt.
Die Gabe von Sauerstoff kann das Herz wirksam entlasten; es arbeitet wieder effektiver. Seit Anfang der 80-er Jahre ist aus Studien bekannt, dass die Gabe von Sauerstoff über wenigstens 15 von 24 Stunden (die Fachgesellschaften empfehlen 16 Stunden, Therapieziel: 24 Std.) das Überleben von COPD-Patienten verlängern kann. Mit Sauerstoff lassen sich auch körperliche Anstrengungen im Alltag besser bewältigen (es wird sogar ein körperliches Training im Sinne von Lungensport möglich!), das rechte Herz wird entlastet und somit die Lebensdauer verlängert. Dies ist ein Beweis für die Wirksamkeit einer Therapie, den viele Medikamente so ohne weiteres nicht erbringen können.
Mangelnde Therapietreue ist weit verbreitet
Die Therapietreue von COPD-Patienten schwankt zwischen 45 bis 70%. Dies bedeutet umgekehrt, dass 30 bis 55% der Patienten den Sauerstoff nicht ausreichend einsetzen und somit nicht den gewünschten therapeutischen Effekt erzielen. Es liegt aber nicht nur an den Patienten, dass Sauerstoff nicht optimal genutzt wird, sondern manchmal auch am Fortbildungsbedarf auf Seiten derjenigen Ärzte, die keine Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Pneumologie haben. Die Fachgesellschaften führen deshalb Informationsveranstaltungen durch und schulen Ärzte, die nicht auf Erkrankungen der Atmungsorgane spezialisiert sind.
Gründe für mangelnde Therapietreue
Nach Untersuchungen aus Italien in 2005 führten 26% der Patienten die mobile Sauerstofftherapie nicht durch, weil das Gerät zu schwer war, 11% fanden Sauerstoff nicht hilfreich, 20% fanden die Behandlung unpraktisch, aber der größte Anteil (nämlich 37%) schämte sich, mit Sauerstoff in die Öffentlichkeit zu gehen. Nur etwa 50% gaben an, den positiven Effekt der Sauerstoffgabe unmittelbar zu spüren. Und wenn man etwas nicht spürt, tut man es wahrscheinlich auch nicht… Deshalb ist es so wichtig, dass der Patient über den tatsächlichen Nutzen der Therapie informiert ist, auch weil er es z.B. nicht immer spürt, wenn sein Herz zu stark belastet ist.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass für die Therapietreue auch die Sauerstoffflussrate eine Rolle spielt, da die Schleimhäute durch zu hohe Flussraten austrocknen können, was den Patienten Beschwerden macht. Eine Sorge vieler Patienten ist auch die Gewöhnung an Sauerstoff bzw. die Befürchtung einer angeblichen Abhängigkeit, also ohne Sauerstoff nicht mehr zurechtzukommen. Es ist zwar richtig, dass ein Patient, der Sauerstoff braucht, ihn i.d.R. auch dauerhaft benötigt - außer er bekommt eine neue Lunge oder sein Zustand kann durch bestimmte operative Verfahren verbessert werden. Manche Patienten befürchten aber, dass der Sauerstoff irgendwann nicht mehr hilft, wenn sie ihn zu oft anwenden. Dabei kann man eine Verschlechterung der Erkrankung sicherlich nicht durch einen Verzicht auf die Therapie hinauszögern – ganz im Gegenteil! Die Therapie wird verbessert, und auf diesem Weg kann man auch länger verhindern, dass die Erkrankung schlimmer wird. Man sollte die Sauerstofftherapie aber auch vor allem als Chance sehen, mit der Krankheit tatsächlich besser leben zu können!
Es gibt auch geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen den Patienten, die Sauerstoff anwenden sollen. In den USA finden es Männer z.B. schwieriger als Frauen, die Sauerstofftherapie zu akzeptieren und in der Öffentlichkeit mit einem Sauerstoffsystem zu erscheinen. In den USA sind daher Sauerstoffsonden, die unter dem Hemd zugänglich direkt in die Luftröhre eingepflanzt werden, beliebter als in Deutschland, wo diese kaum vertreten sind. Hierzulande sind eher Systeme in Gebrauch, welche die Sonde im Brillengestell „verstecken“.
Besonders häufig bemängeln Betroffene ihre eingeschränkte Unabhängigkeit, weil sie auf Sauerstoffsysteme angewiesen sind und diese daher immer mit sich führen müssen. Um Abhilfe zu schaffen, sind kleine mobile Systeme für den Urlaub und das Flugzeug entwickelt worden. Es gibt also auch durchaus Wege, die Therapietreue zu erleichtern.
Quelle: Prof. Dr. Susanne Lang vom SRH Wald-Klinikum Gera, die auf dem Symposium Lunge 2011 am 7.5.2011 in Hattingen zum Thema Sauerstofflangzeittherapie einen Vortrag halten wird.
4. Symposium Lunge
"COPD und Lungenemphysem" - Von der Diagnose bis zur Lungentransplantation. Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen den Betroffenen heutzutage zur Verfügung?“ am Samstag, 7. Mai 2011 09.00 Uhr bis 18.00 Uhr Westfälisches Industriemuseum Henrichshütte - Gebläsehalle - Werksstraße 31-33
45527 Hattingen/Ruhr
Anfragen bezüglich des Symposiums Lunge 2011 richten Sie bitte an die Organisationsleitung Jens Lingemann Lindstockstraße 30
45527 Hattingen
Telefon: 02324 - 999 959
symposium-org@ lungenemphysem-copd.de
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