Lungenkrebs endet meistens tödlich. Darum wird intensiv an neuen Therapien geforscht. Wobei Lungenkrebs nicht gleich Lungenkrebs ist: Es gibt verschiedene Formen; eine davon ist das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom. „Das wiederum existiert in verschiedenen Unterarten“, erläutert der Würzburger Bioinformatiker Meik Kunz. In seiner Doktorarbeit hat er sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit es mit Hilfe des Computers möglich ist, Lungenkrebspatienten besser zu behandeln.
Meik Kunz stammt aus Auerbach im sächsischen Vogtlandkreis. 2010 kam er an die Uni Würzburg, um Biologie zu studieren. „Mein Ziel war es von Anfang an, in die Tumorforschung zu gehen“, erklärt der 29-Jährige. Das Thema Krebs interessierte ihn deshalb, weil er in seinem Bekannten- und Verwandtenkreis mehrere Krebserkrankungen miterlebt hatte. Während des Studiums kam er dann in Berührung mit dem Fach Bioinformatik. Das faszinierte ihn: „Mit dem Computer ist es viel schneller möglich als im Labor, biologische Prozesse zu ergründen.“
Nach seinem Masterabschluss 2013 begann Kunz seine insgesamt dreijährigen Forschungen mit dem Ziel der Promotion. Im Mittelpunkt standen Lungenkarzinome mit drei verschiedenen Genveränderungsprofilen (sog. Mutationsprofilen). An drei Tumormodellen testete Meik Kunz ein bereits in der Klinik verwendetes Medikament sowie einen in der Entwicklung befindlichen Therapieansatz gegen Lungenkrebs.
Auf der Basis von Labordaten gelang es dem jungen Wissenschaftler, das Verhalten von Lungentumoren am Computer abzubilden. Was eine recht komplizierte Angelegenheit ist. Denn Hunderte biologische Moleküle haben Einfluss darauf, wie sich ein Tumor verhält, und an jeder Stelle ihrer Aktivität kann es theoretisch zu Fehlregulierungen kommen – mit dem Ergebnis, dass dauerhaft ein falsches Signal weitergeleitet wird und zu einem unkontrollierten Zellwachstum führt.
Mit Hilfe des Computers lässt sich laut Kunz herausfinden, an welcher Stelle in einem komplexen Tumor Fehlinformationen weitergeleitet werden. Das wiederum sei die Voraussetzung dafür, eine passende Therapie zu finden, die das weitere Wachsen des Tumors stoppt.
Für seine Modellierungen fütterte Kunz den Computer mit vielen tausend Daten aus der Krebsforschung. Besonders wichtig für seine bioinformatische Signalweg-Analyse waren Daten aus Experimenten mit einem Tumormodell, das am Lehrstuhl für Tissue Engineering des Würzburger Universitätsklinikums entwickelt wurde. Kunz erfuhr dadurch, welche Gene bei den drei Tumorarten nicht richtig reguliert waren. Am Computer konnte er die konkrete Signalwirkung abbilden und – nach seinen Worten - zeigen, wie die einzelnen Komponenten zusammenhängen.
Das zu wissen ist wichtig, um am Rechner Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie eine medikamentöse Behandlung im konkreten Fall ansprechen wird. Aus seinen Computermodellen erkannte Meik Kunz, welcher Patient von welchem Therapieansatz profitieren und wo es zu Resistenzen gegen die Behandlung kommen würde. Weiter war es ihm möglich, exakt darzustellen, wie die Therapie nach Beginn der Medikamentengabe verläuft.
Das klingt simpel. Doch wenn man Tumorzellen untersucht, muss man laut Kunz höchst akribisch vorgehen. „Bin ich beispielsweise beim Zusammenstellen der Komponenten unvorsichtig und übersehe einen wichtigen Partner, werden alle weiteren Ergebnisse und folglich Therapieansätze falsch“, erklärt er. Bioinformatik heiße nun einmal nicht, lediglich auf einen Knopf zu drücken. Der Versuch, die Fehlregulierungen einer bestimmten Zelle zu analysieren, sei harte Arbeit.
Der innovative Analyseansatz des jungen Bioinformatikers helfe an der Schnittstelle zwischen Labor und Klinik, erläutert Doktorvater Prof. Thomas Dandekar, Inhaber des Lehrstuhls für Bioinformatik an der Universität Würzburg. Dass die experimentell gewonnenen Laborergebnisse in ein Computermodell mündeten, mit dem sich neue Therapieansätze überprüfen lassen, erspare Tierversuche. Und es beschleunige den Transfer in die Klinik, da es am Computer viel schneller möglich sei als per Hand, Daten zu gewinnen und auszuwerten.
Was Meik Kunz entwickelt hat, soll in Zukunft nicht nur Lungenkrebspatienten zu Gute kommen. Die weitere Forschungsarbeit des promovierten Biologen könnte auch anderen Patienten helfen. „Ich habe das Potenzial meines Ansatzes auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht“, erklärt er. Und sogar im Pflanzenschutz wäre eine Anwendung denkbar: „Mit meinen Analysen kann ich auch abbilden, wie Krankheitserreger die Netzwerke der pflanzlichen Immunabwehr beeinflussen.“
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg