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Therapeutische Impfung für Patienten mit Lungenkrebs in Sicht

Mit einem speziellen Impfstoff gegen Lungenkrebs will man für Patienten, die bereits an einem Bronchialkarzinom erkrankt sind, die Überlebenschancen erhöhen. Die Impfung regt das Immunsystem dazu an, gezielt Antikörper gegen die Tumorzellen zu bilden.

In einigen Jahren könnte es für Patienten, die bereits an Lungenkrebs erkrankt sind, möglicherweise eine gezielt gegen Tumorzellen gerichtete Immuntherapie geben, die ihre Überlebenschancen erhöhen sollte. Dies zeigen erste Ergebnisse klinischer Studien. So ist Hoffnung für eine der mit am häufigsten tödlich endenden Erkrankungen in Sicht: Mit über 40.000 Sterbefällen pro Jahr (28.959 Männer und 11.682 Frauen im Jahr 2005) ist das Bronchialkarzinom laut Statistischem Bundesamt die vierthäufigste Todesursache in Deutschland, nur einige Herzerkrankungen führen öfter zum Tode. „Bis jetzt ist Lungenkrebs selten heilbar, laut aktueller Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) beträgt die relative 5-Jahres-Überlebensrate über alle Stadien hinweg nur 15 bis 18%“, betont Prof. Helmut Teschler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP) und ärztlicher Direktor des Zentrums für Pneumologie und Thoraxchirurgie an der Ruhrlandklinik Essen. „Eine Verbesserung der Behandlungsergebnisse wäre ein enormer Durchbruch in der Therapie des Lungenkrebses.“

Bundesweit erkranken jährlich etwa 33.000 Menschen neu an Lungenkrebs, die meisten Patienten sind zwischen 50 und 70 Jahre alt. Man unterscheidet zwischen einem kleinzelligen und einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom. Am häufigsten – mit 80 bis 85% – treten nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome (NSCLC: non small cell lung cancer) auf. Sie wachsen relativ langsam, verursachen nur selten Beschwerden und werden daher meist erst spät entdeckt. „Dann verbleibt den Betroffenen oft nur die Möglichkeit, den Tumor chirurgisch entfernen zu lassen und nach der Operation zu versuchen, durch so genannte adjuvante Therapien – also mit zusätzlicher Bestrahlungs- oder Chemotherapie – die restlichen Tumorzellen im Körper abzutöten und so das Auftreten von Tochtergeschwülsten (Metastasen) und wiederkehrenden Tumoren (Rezidiv) zu verhindern“, erläutert Teschler.

Tumorzellen können durch gezielte Markierung zerstört werden

Ein großes Problem beim Kampf gegen Krebs ist, dass Tumorzellen körpereigene Zellen darstellen, die vom Immunsystem nicht automatisch angegriffen werden. Vielmehr muss das körpereigene Abwehrsystem lernen, diese Zellen an bestimmten Merkmalen zu erkennen, um dann gezielt Antikörper und T-Zellen gegen die Tumorzellen bilden zu können. Dies wird allerdings dadurch erschwert, dass Krebszellen meistens wie körpereigene Zellen vom Immunsystem nicht erkannt werden.

Hier setzt der Impfstoff MAGE-A3 ASCI an und regt das Immunsystem gezielt dazu an, Antikörper gegen Tumorzellen zu bilden. Die Substanz besteht aus bestimmten tumorspezifischen Eiweißen (Antigenen), die bei einer großen Zahl von Krebsarten – neben Lungenkrebs z.B. auch bei schwarzem Hautkrebs, Kopf-Hals-Tumoren und Blasenkarzinomen – nachgewiesen werden können. Gesunde Körperzellen tragen diese Antigene hingegen nicht auf ihrer Oberfläche. Daher bilden Krebs-Patienten, die die tumorspezifischen MAGE-A3-Antigene gespritzt bekommen, wie bei einer Impfung gegen Masern oder Röteln entsprechend Antikörper gegen ihre Krebszellen. Voraussetzung für die Wirkung ist allerdings, dass das MAGE-A3-Antigen tatsächlich in den Krebszellen des Patienten vorhanden ist, was bei knapp der Hälfte der Lungenkrebs-Patienten der Fall ist. Zusätzlich enthält MAGE-A3 ASCI eine spezifische Substanz, die die Immunantwort verstärkt. „Die nach der Impfung gebildeten Antikörper markieren also die Krebszellen und führen zu einer weiteren Aktivierung des Immunsystems“, erläutert Teschler. „So können die Tumorzellen von körpereigenen Abwehrzellen (den T-Zellen) erkannt, angegriffen und effektiv bekämpft werden. Am besten funktioniert die Impfung, wenn sich nur wenige Krebszellen im Körper befinden. Und das ist erfahrungsgemäß nach vollständiger chirurgischer Entfernung des Tumors – also im Stadium der adjuvanten Therapie – der Fall.“

Ergebnisse klinischer Studien

Seit Herbst 2007 läuft nun eine große weltweite Studie zur adjuvanten Behandlung von NSCLC-Patienten mit einem neuartigen Antigen-spezifischen Krebs-Immuntherapeutikum. In Deutschland sind rund 60 Tumorzentren (Kliniken und niedergelassene Praxen) beteiligt. Erste Studien mit dem Krebs-Immuntherapeutikum MAGE-A3 ASCI haben den positiven Effekt aufgezeigt, dass dieser Impfstoff ein neuerliches Auftreten von Tumoren offenbar verringern kann. In der doppelblinden, placebokontrollierten Phase-II-Studie erhielten 182 MAGE-A3-positive Patienten mit komplett entferntem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) der Stadien IB oder II als adjuvante Therapie entweder den MAGE-A3-Impfstoff oder ein Scheinmedikament (Placebo). Die endgültige Auswertung erfolgte nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 28 Monaten. Zu diesem Zeitpunkt war es bei 41 der 122 Patienten unter MAGE-A3 zu einem wiederkehrenden Tumor (Rezidiv) gekommen (30,6 %) im Vergleich zu 26 von 60 Patienten, die Placebo erhalten hatten (43,3 %). Das relative Risiko für ein Tumorrezidiv nach chirurgischer Entfernung war somit um 27% geringer als im Vergleich mit Placebo (p=0,107).

Bis die Studien abgeschlossen sind, müssen Lungenkrebs-Patienten allerdings noch einige Zeit auf die neue Therapie-Option warten. Laut Angaben des Herstellers (GlaxoSmithKline) werden für Deutschland auch noch Studien-Teilnehmer gesucht. Interessenten können sich unter der folgenden Telefonnummer informieren: 0180 - 3456 100 (9 Cent/Minute; täglich von 9 bis 17 Uhr).