In Tabak stecken bekanntlich krebserregende Nitrosamine – also nicht nur in Zigaretten, sondern auch in so genannten rauchlosen Tabakformen in gelutschter, gekauter oder geschnupfter Version. Eine offenbar besonders stark krebsauslösende Nitrosamin-Verbindung haben jetzt US-Forscher in rauchlosem Tabak identifiziert. Wie sie beim Treffen der American Chemical Society berichten (siehe http://abstracts.acs.org/chem/244nm/program/view.php?obj_id=144361&terms=), löst die Nitrosamin-Variante (S)-NNN bei Ratten besonders häufig Mundhöhlenkrebs aus.
Andererseits kennt man bereits 28 tumorerzeugende Substanzen im rauchlosen Tabak. An der Gesamtbewertung ändere sich also nichts. Man könne Tabak generell nicht sicher nutzen, betont Martina Pötschke-Langer, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum. „Wobei schon festzuhalten wäre, dass die Dosen der Kanzerogene im Zigarettenrauch im Vergleich zum rauchlosem Tabak mehrere Zehnerpotenzen höher liegen“, kommentiert Prof. Dieter Köhler vom wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin DGP) und Ärztlicher Direktor der Lungenklinik Kloster Grafschaft in Schmallenberg.
Die Forscher um Stephen Hecht von der University of Minnesota fütterten Laborratten mit Nitrosaminen. Dabei handelt es sich um krebserregende Stoffe, die auch in vielen Nahrungsmitteln wie etwa Bier, Käse oder Speck in Spuren vorkommen und auch vom Magen bei sauren Bedingungen gebildet werden können – wenn auch in viel geringeren Mengen als in Tabakprodukten enthalten sind.
Nach 17 Versuchsmonaten, während der Ratten mit Nitrosamin-Mengen gefüttert wurden, die proportional derjenigen von Konsumenten rauchloser Tabakprodukte entsprachen, hatten viele Tiere Mund- und Speiseröhrenkrebs entwickelt. Speziell (S)-NNN zeigte sich dabei als Verursacher, was den Forschern zufolge der erste Nachweis eines besonders starken Mundkrebs-Auslösers im rauchlosen Tabak darstellt. „Die Nitrosamin-Variante sollte in Tabakprodukten - ähnlich wie in Lebensmitteln - auf ein Niveau unter zehn parts per million (ppm) gesenkt werden. Technisch wäre dies kein Problem“, fordert Hecht.
Pötschke-Langer wertet diesen Vorschlag bloß als einen frommen Wunsch, denn die Realität sehe anders aus: „Rauchfreier Tabak enthält eine Fülle kanzerogener Stoffe, und Krebsentstehung ist derart komplex, dass man sie nicht auf einen einzigen Faktor reduzieren kann.“ Deshalb müsse man weiterhin auch vor rauchlosen Tabakprodukten warnen: In der Medizin bestehe Konsens darüber, dass diese einerseits das Krebsrisiko für Mund, Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse erhöhen, zudem gebe es Nebenwirkungen wie Parodontitis, Karies, Zahnfleischrückgang, Zahnverlust und möglicherweise auch Herz-Kreislaufprobleme und Diabetes.
Rauchlose Tabakprodukte werden in den USA besonders bei Jugendlichen aggressiv beworben, wie die Krebsexpertin darlegt. „Der Konsum von Schnupf- und Kautabak sowie Snus steigt in dieser Gruppe enorm. Man stellt diese Produkte als weniger schädliche Alternative zur Zigarette dar, was jedoch nicht haltbar ist.“ Die meisten Länder Europas verbieten den Verkauf dieser Produkte. „In Schweden, wo sie erhältlich sind, macht die Tabakindustrie jedoch gehörigen Druck auf Resteuropa, die Märkte ebenfalls zu öffnen“, so Pötschke-Langer.
Quelle: pressetext