Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie) ist eine chronische Gefäßerkrankung, die häufig als Folge von chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD), Lungenembolien, rheumatischer Erkrankungen, angeborener Herzfehler oder Herzschwäche auftritt. Die kleinen Blutgefäße der Lunge verengen sich und wuchern zum Teil krebsartig zu. Die rechte Herzhälfte muss daher viel Kraft aufwenden, um sauerstoffarmes Blut in die Lunge zu pumpen. Der Herzmuskel ermüdet, die Pumpleistung lässt nach. Die Betroffenen geraten bei geringster Anstrengung in schwere Atemnot und würden ohne Behandlung innerhalb eines halben Jahres an Versagen des rechten Herzens sterben. Die Erkrankung ist heute zwar nicht heilbar, ihr Fortschreiten kann aber verlangsamt werden. „Da Lungenhochdruck häufig ohne charakteristische Symptome verläuft, ist zum Zeitpunkt der Diagnose die Lebensqualität der Patienten leider häufig schon stark beeinträchtigt, jede Bewegung erschöpft“, erklärt Prof. Dr. Ekkehard Grünig, Leiter des Lungenhochdruckzentrums der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg.
Um dem entgegenzuwirken, haben Forscher vom Lungenhochdruckzentrum an der Thoraxklinik Heidelberg in Zusammenarbeit mit der Rehabilitationsklinik Königstuhl Heidelberg ein spezielles Bewegungsprogramm erarbeitet. Das Programm umfasst Fahrradfahren auf einem Hometrainer, Gehen und Hanteltraining sowie Atem- und mentales Training, zusätzlich zu einer optimal eingestellten medikamentösen Therapie. Aus Sicherheitsgründen wird das Training nur niedrig dosiert und sollte in einer auf Lungenhochdruck spezialisierten Klinik unter Anleitung von Ärzten und Physiotherapeuten beginnen.
In die aktuellen Studien wurden Patienten eingeschlossen, die aufgrund einer rheumatischen Erkrankung, eines angeborenen Herzfehlers oder in Folge chronischer Lungenembolien an Lungenhochdruck litten. 15 Wochen nach Beginn der Physiotherapie war die Leistungsfähigkeit der Patienten im sechsminütigen Gehtest deutlich gestiegen: Die Teilnehmer des Sportprogramms schafften durchschnittlich zwischen 60 und 70 Meter mehr als zu Beginn des Trainings. Die Sauerstoffaufnahme ins Blut verbesserte sich und die Patienten fühlten sich insgesamt wohler.
Der größte Effekt zeigte sich in der Nachbeobachtungszeit: Bei Patienten mit rheumatisch bedingtem Lungenhochdruck betrug die Überlebensrate bis zum zweiten Jahr 100 Prozent, nach drei Jahren 73 Prozent. Bei Vergleichsgruppen ohne Training betrugen die 1,- 2,- und 3-Jahres-Überlebensraten trotz optimaler Medikation rund 86, 73 und 60 Prozent. Studienteilnehmer mit angeborenem Herzfehler überlebten mit Training ebenfalls alle die ersten zwei Jahre. Ohne Training und bei optimal eingestellter Medikation liegt für sie die durchschnittliche 2-Jahres-Überlebenschance bisher bei 89 Prozent. Von den Patienten mit Lungenembolie leben noch 86 Prozent nach drei Jahren, ohne Bewegungstherapie sind es 77 Prozent. „Die Studien zeigen, dass dieses spezielle Reha-Programm bei Patienten mit verschiedenen Formen des Lungenhochdruckes die medikamentöse Therapie sinnvoll ergänzt und verbessert“, betont Grünig. Das neue Therapiekonzept wurde inzwischen mehrfach ausgezeichnet und Patienten aus ganz Europa kommen zum Training nach Heidelberg.
Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg