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Sind es nun doch auch wieder die Gene?

Drei verschiedene Forscherteams haben in mühseligen genetischen Analysen ein Gen gefunden, das bei Rauchern offenbar zu einem erhöhten Lungenkrebsrisiko beiträgt. Da etwa 50% der Europäer dieses Gen tragen, wäre ein solcher genetischer Einfluss auf die Entwicklung von Lungenkrebs bei Rauchern nicht unbeträchtlich.

Nach wie vor weiß man nicht genau, wieso unter den langjährigen Rauchern nur manche Menschen Lungenkrebs entwickeln, andere hingegen nicht. Nun kommen drei verschiedene Wissenschaftlergruppen gleichzeitig zu dem Schluss, dass genetische Unterschiede auf dem Chromosom Nummer 15 eine – zumindest teilweise – Erklärung dafür liefern könnten. Die einzelnen Untersuchungsergebnisse der Forscher aus Reykjavik, Lyon und Houston wurden kürzlich in den Fachzeitschriften Nature und Nature Genetics veröffentlicht. Ihre Arbeit gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen: Sie haben jeweils in den so genannten Genomen ihrer Probanden – also innerhalb der Gesamtzahl ihrer Gene - untersucht, ob sich bestimmte Genabschnitte (SNP’s) auffällig oft häufen. Solche genomweiten Assoziationsstudien wurden dabei an 11.000 isländischen Rauchern durchgeführt (Nature 2008; 452, 638-641), sowie an 4.500 Lungenkrebspatienten aus 18 Ländern (Nature 2008; 452, 633-637) und an über 3.000 Rauchern in den USA (Nature Genetics 2008; doi: 10.1038/ng.109). Das Ergebnis war immer das gleiche: Eine Häufung eines bestimmten Genabschnittes (15q24) auf dem Chromosom 15 bei Lungenkrebspatienten.

Dieser Genabschnitt kann insofern als ein Marker dienen, um das persönliche – in diesem Fall genetisch bedingte - Lungenkrebsrisiko von Rauchern abzuschätzen. Rein rechnerisch ist dieses Risiko um 30% erhöht, wenn der betreffende Raucher Träger nur eines Gens (heterozygot bei diploidem Chromensatz) ist. Kommen aber gleich zwei dieser Gene in seiner gesamten Genausstattung vor (homozygot), steigt das Lungenkrebsrisiko des betreffenden Rauchers auf 70 bis 80%. Andere Untersuchungsergebnisse geben eine ähnliche Tendenz an: Das Lungenkrebsrisiko eines Rauchers steige von 15 auf 23 Prozent an, wenn er homozygoter Träger der Genvarianten ist (also das Gen in zweifacher Ausstattung aufweist).

Da etwa 50% der Menschen mit europäischer Herkunft die betreffende Gensequenz zumindest in einfacher Ausführung tragen, sind die Erkenntnisse von weit reichender Bedeutung. So könnten den Forschern zu Folge etwa 18 Prozent der Lungenkrebserkrankungen bei Rauchern diesen Gen-Varianten zugeschrieben werden. Zudem könnten diese Gene nach Ansicht der Forscher auch noch für zehn Prozent der Erkrankungen an der peripheren arteriellen Verschlusserkrankung (PAV) verantwortlich gemacht werden. „Noch nicht geklärt ist allerdings die Frage, über welchen Wirkmechanismus es zum erhöhten Lungenkrebsrisiko kommen sollte“, betont Prof. Helmut Teschler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). „Möglich wäre zum Beispiel, dass die betreffenden Gen-Varianten die Nikotinsucht und damit den Tabakkonsum steigern. Man weiß bereits, dass auf dem Genabschnitt 15q24 auf Chromosom 15 auch Erbinformationen (über den so genannten nikotinergen Acetylcholin-Rezeptors) festgelegt sind, die offenbar mit darüber bestimmen, welche Suchtwirkung Nikotin auf den Konsumenten ausübt. Damit ließe sich vielleicht erklären, warum Zigaretten bei manchen Menschen stärkere Belohnungsreaktionen im Gehirn auslösen als bei anderen und damit zu einer ausgeprägteren Sucht führen. Eine andere Möglichkeit der Erklärung wäre hingegen, dass die betreffenden Genabschnitte direkt an der Entwicklung einer Lungenkrebserkrankung mitwirken. Damit müssten dann auch Genträger, die nicht rauchen, ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko haben. Das muss aber erst genauer untersucht werden.“