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Schlüsselmolekül für allergisches Asthma aufgespürt

Für die Entwicklung von allergischem Asthma scheint ein bestimmtes Protein eine wichtige Rolle zu spielen, das jetzt von Forschern aus München und Leipzig entdeckt wurde.

Allergien kommen immer häufiger vor, insbesondere in den westlichen Industrienationen. Neben Heuschnupfen zählt das allergische Asthma zu den am weitesten verbreiteten allergischen Erkrankungen. Weltweit gibt es mehr als 300 Millionen Asthma-Patienten. In Deutschland leiden 10 bis 15 Prozent der Kinder an allergischem Asthma, das unter Einwirkung von Umweltschadstoffen häufig noch verstärkt wird. Mit den heute zur Verfügung stehenden Medikamenten können die Krankheitssymptome zwar wirksam gelindert, nicht aber die Ursache selbst bekämpft werden. Denn wie es genau zu allergischem Asthma kommt, ist bislang noch nicht vollständig geklärt. Forschern um Dr. Tobias Polte vom Department Umweltimmunologie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) ist es gemeinsam mit Kollegen um Prof. Jan Simon von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universität Leipzig jetzt gelungen, ein Protein aufzuspüren, das an der Entstehung von allergischem Asthma maßgeblich beteiligt ist (siehe Nature Communications, Online-Veröffentlichung am 13.7.15). Die Entdeckung könnte den Weg für neue Therapiemöglichkeiten ebnen, da der Eiweißstoff auch den Krankheitsverlauf beeinflusst. 

Das Protein mit dem Namen Syndecan-4 hat seinen Platz in der Zellmembran so genannter Antigen-präsentierender Zellen (APCs). Das sind Immunzellen, die körperfremde Stoffe (Antigene) aufspüren. Diese nehmen sie auf und wandern dann zum nächstliegenden Lymphknoten, um sie dort auf ihrer Oberfläche weiteren Immunzellen, den T-Lymphozyten, zu präsentieren. Damit setzen sie eine Kettenreaktion in Gang, welche die Sensibilisierung für ein bestimmtes Antigen - wie beispielsweise ein Pollenallergen - initiiert. Bei erneutem Kontakt mit diesem Pollenallergen treten dann die typischen Symptome von allergischem Asthma auf. „In unserer Studie konnten wir zeigen, dass Syndecan-4 für die Migration, also die Wanderung der Antigen-präsentierenden Zellen im Gewebe eine zentrale Rolle spielt“, sagt Polte. „Fehlt Syndecan-4, finden die APCs nicht den Weg zu den T-Lymphozyten und können diese nicht aktivieren. Folglich wird auch die Kettenreaktion gar nicht erst in Gang gesetzt, und die Sensibilisierung für ein Antigen unterbleibt.“

In Untersuchungen an der Universität Leipzig konnten die Forscher weiterhin zeigen, dass Syndecan-4 in den APCs auch beim Entzündungsprozess des allergischen Asthmas eine zentrale Rolle spielt: So besserten sich die Krankheitssymptome von Mäusen mit allergischem Asthma, wenn ihnen Antikörper gegen Syndecan-4 gegeben wurden. „Syndecan-4 wäre prinzipiell ein guter Ansatzpunkt für neue Therapiemöglichkeiten“, betont Polte. „Da es aber noch viele andere Funktionen im Zellstoffwechsel innehat, sind mögliche Nebenwirkungen derzeit noch schwer abzuschätzen.“ Um die Beschwerden von Patienten mit allergischem Asthma zu lindern, wird die Behandlung der entzündeten Atemwege mit Glukokortikoiden (Cortison) und die Verwendung eines bronchienerweiternden Asthmasprays auch in den kommenden Jahren weiter im Vordergrund stehen. „Eine wirksame Therapie, mit der die Ursache bekämpft werden kann, wird es erst geben können, wenn wir die Zusammenhänge der Entstehung von allergischem Asthma besser verstanden haben“, erklärt Polte. „In unserer Studie konnten wir mit Syndecan-4 einen wichtigen Baustein identifizieren, mit dem wir auf der Suche nach neuen Therapiemöglichkeiten vielleicht schon ein Stück weitergekommen sind.“

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ