Wer große Mengen an gepökelten Fleisch- und Wurstwaren isst, riskiert möglicherweise einen beschleunigten Verlust seiner Atemleistung. Zumindest ist das das Ergebnis einer Untersuchung, die kürzlich auf dem pneumologischen Fachkongress der „European Respiratory Society“ in München vorgestellt wurde. US-Forscher um Graham Barr vom „Columbia University Medical Center“ in New York, haben in ihrer Studie mit über 7500 Teilnehmern festgestellt, dass bei Menschen, die jeden zweiten Tag Pökelfleisch konsumieren, die Lungenfunktion um 3 Prozent stärker abnimmt im Vergleich zu jemandem, der nie Gepökeltes isst. Während ein Gesunder diesen Unterschied kaum bemerken dürfte, könne das für einen Patienten mit einer chronischen Lungenerkrankung wie Bronchitis Asthma bronchiale oder einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD), bereits sehr viel ausmachen.
Barr und seine Kollegen nehmen an, dass die zum Pökeln verwendeten Nitritsalze im menschlichen Körper zu aggressiven Stickstoffverbindungen umgewandelt werden, die den so genannten oxidativen Stress erhöhen, weil sie bestimmte Eiweißstoffe angreifen, die der Lunge ihre Elastizität verleihen. Wenn diese Proteine zerstört sind, komme es zu einer erheblichen Einschränkung der Atembewegungen und damit zu einer geringeren Lungenbelüftung mit mangelhaftem Gasaustausch.
Bei den Studienteilnehmern mit COPD, die mindestens 14 Mal im Monat gepökelte Fleisch- oder Wurstwaren aßen, war zu beobachten, dass der allein durch das Fortschreiten der Krankheit bedingte Verlust der Lungenfunktion (von 60 Millilitern pro Jahr) um ein bis zwei Jahre beschleunigt wurde. „Damit würde der allein durch den häufigen Konsum von gepökelten Lebensmitteln verursachte, zusätzliche Verlust der Lungenfunktion etwa 115 Milliliter pro Jahr betragen – was ich allerdings anzweifele, dass das so stimmen kann“, betont Prof. Dieter Köhler, Präsident der DGP und Leiter des Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft in Schmallenberg. „Vielmehr ist es möglich, dass dieses Ergebnis aus anderen Gründen – bzw. durch das Zusammenspiel von weiteren Faktoren - zustande gekommen ist: Leute, die viel gepökeltes Fleisch essen, könnten zum Beispiel auch in anderer Hinsicht weniger gesundheitsbewusst leben als der Durchschnitt. Möglicherweise rauchen sie mehr und geben dann im Fragebogen bei der Untersuchung einen geringeren Zigarettenkonsum als tatsächlich an. Dies wurde bei der Datenerfassung allerdings nicht berücksichtigt und kann daher auch nicht ausgeschlossen werden. Die in der Untersuchung beobachteten 3% Unterschied in der Lungenfunktion könnten aber theoretisch auf diesem Weg durchaus zustande gekommen sein“, erläutert Köhler. Auch Graham Barr ist der Meinung, dass weitere Forschungsstudien vonnöten sind, bevor man eine Warnung vor gepökelten Lebensmitteln aussprechen könne. Wenn auch Gesunde sich beim Essen wegen ihrer Lunge sicherlich nicht zurückhalten müssten, sollte man dennoch nicht vergessen, dass Nitritpökelsalze andererseits auch im Verdacht stehen, Krebs erregend zu sein.
Quelle: Rui Jiang et al: “Cured meat consumption and lung function in a general population sample.”
16th ERS Annual Congress 2006, Zusammenfassung (abstract) Nr. 1710, Seite 295s.