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Schadenswege von Asbest näher erforscht

Wie Asbest im Einzelnen zu Entzündungen in der Lunge führt, haben Forscher aus der Schweiz, den Niederlanden und den USA jetzt herausgefunden. Womöglich gibt es sogar ein Medikament, mit dem sich chronische Asbestschäden in der Lunge verhindern ließen. Dazu müssten allerdings erst noch eine Reihe von klinischen Studien durchgeführt werden.

Das Einatmen von Stäuben – insbesondere von Quarz und Asbeststäuben – kann zu Entzündungen in der Lunge führen bis hin zu chronischen Erkrankungen wie Lungenfibrose – und im Fall von Asbest auch Lungenkrebs Welche Reaktionen der krankmachende Staub im Einzelnen im menschlichen Körper auslöst und auf welche Weise dabei chronische Entzündungen hervorgerufen werden, ist allerdings noch nicht bekannt. Jetzt berichtet ein Forscherteam aus der Schweiz, den Niederlanden und den USA in der Fachzeitschrift Science (online-Vorabveröffentlichung am 10. April 2008), über welche Mechanismen Asbest die Lunge schädigt und dass ein Medikament gegen rheumatoide Arthritis möglicherweise Abhilfe dagegen schaffen könnte.

Nach Angaben der Arbeitsgruppe um Jürg Tschopp von der Universität Lausanne führt das Einatmen von Asbest zu einer Aktivierung des so genannten Inflammasoms Nalp3. Unter einem Inflammasom versteht man eine Ansammlung von Enzymen, die das körpereigene Immunsystem bildet, um gegen eingedrungene Krankheitserreger vorzugehen. Dies geschieht normalerweise über das Auslösen einer lokalen Entzündungsreaktion und die Ausschüttung von Botenstoffen (in diesem Fall eines bestimmten Interleukins), so dass Alveolar-Makrophagen angelockt werden, die sich die Erreger einverleiben, um sie zu verdauen und damit unwirksam zu machen. Das Problem mit Asbest ist nur, dass es sich hierbei um keinen Krankheitserreger handelt. Daher kann Asbest auch nicht wie ein Krankheitserreger durch eine Immunreaktion aus dem Körper wieder entfernt werden. Vielmehr verbleibt die Substanz im Körper und löst Entzündungsreaktionen aus, die zu keinem Ziel führen und darüber hinaus auch mehr zum Stillstand kommen – also chronisch werden.

Um die Entzündung zu stoppen, müsste das Inflammasom Nalp3 irgendwie außer Kraft gesetzt werden. Anhand von so genannten Knock-out-Mäusen (denen die Fähigkeit, Nalp3 zu bilden genommen wurde) konnte Tschopp mit seinen Kollegen zeigen, dass es ohne Nalp3 tatsächlich auch nicht zur Bildung einer Lungenfibrose kommt. Dabei haben sie auch festgestellt, das bereits ein Medikament existiert, das die Interleukin-Bildung durch Nalp3 gezielt (antagonistisch) hemmen könnte. Gemeint ist der Wirkstoff Anakinra, der bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird. Ob sich mit diesem Wirkstoff in Zukunft tatsächlich Lungenschäden verhindern lassen, müsste nun zunächst einmal in klinischen Studien überprüft werden, für die sich aber wahrscheinlich nur schwer Teilnehmer finden lassen dürften.