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Rezeptorblockade verbessert Lungenfunktion bei Mukoviszidose

Bei der Erkrankung Mukoviszidose (Cystische Fibrose) sammeln sich so genannte neutrophile Granulozyten im erkrankten Lungengewebe an. Diese erzeugen defekte Fangnetze (sog. DNA-Netze), die eigentlich zur Immunabwehr dienen sollen, aber nicht richtig funktionieren und die Atmungsfunktion beeinträchtigen. Wissenschaftler um Prof. Dominik Hartl an der Universitätskinderklinik Tübingen konnten diese Netzbildung nun durch eine spezifische Rezeptorblockade verringern und damit die Lungenfunktion bei Mukoviszidose im Tiermodell verbessern.

Mukoviszidose (Cystische Fibrose = CF) ist die häufigste erbliche Stoffwechselerkrankung. Weltweit sind etwa 70.000 Menschen betroffen, in Europa etwa 30.000 Menschen. Die Ursache der angeborenen Erkrankung - ein genetischer Defekt - ist bislang nicht heilbar, so dass nur die Symptome gelindert werden können. Die betroffenen Patienten leiden an schweren Störungen der Atmung und der Verdauung, da bestimmte Drüsenzellen in Lunge, Bauchspeicheldrüse oder Dünndarm anstelle des normalerweise flüssigen Sekrets einen zähen Schleim absondern. In dem vermehrten Schleim der Atemwege können sich Bakterien leicht ansiedeln, was wiederum zu häufigen Lungenentzündungen führt. Letztendlich sterben die Patienten an diesen Lungenerkrankungen, die durch chronische Entzündungen und Infektionen charakterisiert sind.

Solche entzündlichen, zellulären Vorgänge stehen im Mittelpunkt der aktuellen Forschung des neu an die Universitätskinderklinik Tübingen berufenen Prof. Dominik Hartl. So genannte neutrophile Granulozyten - normalerweise hilfreiche anti-bakterielle Abwehrzellen des angeborenen Immunsystem - scheinen im Krankheitsgeschehen der Mukoviszidose-Patienten einen schädlichen Einfluss auf den Erkrankungsverlauf zu haben. Die zu Grunde liegenden Mechanismen waren bislang nur unzureichend verstanden. Die Forschungsgruppe um Prof. Hartl konnte nun erstmals zeigen, dass neutrophile Granulozyten in den Atemwegen von Mukoviszidose-Patienten DNA-Netze auswerfen, (so genannte Neutrophil extracellular traps = NETs), welche eigentlich zur Immunabwehr dienen sollen, aber nicht richtig funktionieren und zudem die Atemwege der Betroffenen in Mitleidenschaft ziehen und damit deren Atemfunktion verschlechtern. Ihre Forschungsergebnisse wurden als Titelgeschichte der September-Ausgabe von Nature Medicine publiziert (siehe Nature Medicine (2010), Band 16, Seite: 1018 – 1023)

Die NETs werden über einen bislang unbekannten zellulären Mechanismus geformt, der über den G-Protein gekoppelten Rezeptor CXCR2 vermittelt wird. Da G-Protein gekoppelte Rezeptoren ideale pharmakologische Zielstrukturen darstellen, hat die Forschungsgruppe um Prof. Hartl auch therapeutische Versuche in einem Mausmodell der Mukoviszidose-Lungenerkrankung durchgeführt. Diese Studien zeigten, dass die Verabreichung eines CXCR2-Antagonisten die NETs-Formation und die Lungenfunktion bei Mukoviszidose in vivo günstig beeinflusst. Von den Forschungsergebnissen versprechen sich Hartl und Mitarbeiter neue pharmakotherapeutische Strategien, um die mittlere Überlebenszeit der Patienten, die aktuell bei rund 37 bis 40 Jahre liegt, zu verlängern.